📞 0931 470 85 337

Modernisierungskosten: Auch Kosten für noch nicht fällige Instandsetzungsarbeiten sind abzuziehen

Umlagefähigkeit von Modernisierungskosten weiter eingeschränkt

Der BGH hat ein mieterfreundliches Urteil im Bereich Mieterhöhung nach Modernisierung erlassen (BGH vom 17.06.2020, Az.: VIII ZR 81/19). Oft steigen die Mieten nach einer Modernisierung recht erheblich. Für Mieter ergeben sich jetzt neue Verteidigungsmöglichkeiten.

Lesen Sie hier mehr zu häufigsten Fehlern in solchen Mieterhöhungsschreiben

In dem Fall vor dem BGH hatte eine Mieterin aus Düsseldorf ihren Vermieter verklagt, da er in zwei Mieterhöhungsschreiben die Miete um fast 200 € und dann kurze Zeit später um weitere 241 € erhöhen wollte. Die Mieterin wehrte sich durch mehrere Instanzen erfolgreich durch eine (negative) Feststellungsklage.

Negative Feststellungsklage auf Unwirksamkeit der Erhöhung

Dem Vermieter wurde zum Verhängnis, dass er bei der Umlage mehrerer Positionen, wie den über 60 Jahre alten Haus- und Wohnungstüren sowie der Briefkastenanlage nicht den Anteil ersparter Instandhaltungskosten abgezogen hatte, obwohl bereits ein nicht unerheblicher Teil der Nutzungsdauer dieser Gegenstände verstrichen war. Dass die Gegenstände noch in guten Schuß waren und der Instandsetzungsbedarf demnach noch nicht “fällig” war, stand dem nicht im Wege.

Fiktiv ist also Folgendes zu bestimmen und in Abzug zu bringen: Der Kostenaufwand, der zeitanteilig für die Erhaltung eines Bauteils anfällt,  in dem Umfang, in dem er in Bezug auf seine zu erwartende Gesamtlebensdauer zum Zeitpunkt der Durchführung der baulichen Veränderung, besteht.

Beweislast für Modernisierung trägt der Vermieter

Tipp vom Anwalt: Das Gericht stellte zugleich (nochmal ausdrücklich) klar, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Modernisierungs- und keine Instandhaltungsmaßnahme vorliegt, den Vermieter trifft.  So reicht etwa auch sein Tatsachenvortrag nicht aus, dass ein neues Bauteil für sich betrachtet wirtschaftlich wertvoller ist als ein gebrauchtes Bauteil. Die Anforderungen an das substantiierte Vortragen von Einwänden mieterseits bleibt also nach wie vor nicht sonderlich hoch!

Keine Erhöhung des Gebrauchswertes

Der oben beschriebene Abzug ist also selbst dann vorzunehmen, wenn tatsächlich eine Modernisierung vorliegt. Dies folgerten die Richter aus der Formulierung des § 559 II BGB n.F.  und dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Modernisierung und anschließende Mieterhöhung, denn eine Umlage von Instandhaltungskosten – die dem Gesetz nach Vermieterangelegenheit sind – auf den Mieter soll gerade nicht erfolgen. Belastet werden soll der Mieter nur, wenn er spiegelbildlich durch die Maßnahmen von einer Erhöhung des Gebrauchswertes profitiert (z.B. Energieeinsparung, eine nachhaltige Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse etc.).

Tipp vom Anwalt:  Den Vermieter trifft also auch die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe der umlagefähigen Kosten. Ein ins Mieterhöhungsschreiben fehlerhaft eingeführtes Gewerk  kann das ganze Mieterhöhungsverlangen nach § 139 BGB im Einzelfall zum Scheitern bringen, wenn dieses nicht ohne Verstoß gegen gesetzliche Wertungen von den verbleibenden Gewerken abgetrennt werden kann und soll. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Kosten für die einzelnen Baumaßnahmen nicht separat ausgewiesen werden und so nicht rechnerisch nachvollzogen werden kann, in welcher anteiligen Höhe das fehlerhaft erläuterte Gewerk in den Gesamtbetrag der Mieterhöhung eingeflossen ist.

Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht

Schockurteil für Vermieter: Instandhaltungspflicht auch bei unrenovierter Wohnung

Instandhaltungspflicht des Vermieters auch bei unrenoviert übergebener Wohnung

Der BGH hat mehrere, etwas merkwürdig anmutende Entscheidungen getroffen. Zunächst bleibt der für Wohnungsfragen zuständige VIII. Senat seiner bisherigen Rechtsprechung treu, dass formularmäßige Schönheitsklauseln bei einer unrenoviert übergebenen Wohnung in der Regel unwirksam sind. Soweit so gut.

Zurückbehaltungsrecht des Vermieters

Doch in zwei Urteilen hat Deutschlands oberstes Zivilgericht seine Rechtsprechung präzisiert. Nun kann der Mieter nämlich den Vermieter aufgrund der gesetzlich geltenden Instandhaltungspflicht aus § 535 I 2 BGB zwingen die Wohnung instandzusetzen, wenn sich ihre Zustand der Substanz nach im Laufe der Zeit verschlechtert. Allerdings gibt der BGH dem Vermieter in diesem Fall ein Zurückbehaltungsrecht, dass der Mieter ihm die Hälfte der Kosten der Maßnahme ersetzen muss.

Tipp vom Anwalt: Mietern ist in so einer Situation anzuraten einen oder besser mehrere Kostenvoranschläge für Renovierungsarbeiten einzuholen. Eine Klage wird also in einem solchen Fall nur Zug-um-Zug zu erfüllen sein.

Oft schlechte Karten für mieterischen Schadensersatzanspruch

Ein Schadensersatzanspruch des Mieters aus § 536a BGB scheidet nach dem Bundesgerichtshof in so einem Fall oft aus, wenn der vertragsgemäße Zustand bei der Übergabe der einer nicht vollständig oder unrenovierten Wohnung war und die Schönheitsreparaturenklausel unwirksam ist. Wird (ggf. stillschweigend)  eine negative Beschaffenheitsvereinbarung, nämlich die einer unrenoviert übergebenen Wohnung, vereinbart, dann schließt das einen Mängelbeseitigungsanspruch wohl aus.

Bitte beachten sie, dass die schriftlichen Urteilsgründe der BGH-Entscheidungen vom 08.07.2020 (Az.: VIII ZR 163/18 ud VIII ZR 270/18) noch nicht vorliegen. Die hier dargestellte Schilderung ersetzt keine Rechtsberatung und dient alleine Ihrer Information. Eine Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit wird daher auf gar keinen Fall übernommen.

Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht

Überraschendes zum Betriebskostenguthaben

Verrechnung von Betriebskostenguthaben

Vermieter die noch auf Mietschulden ihres Mieters warten und mit einem Guthaben aus einer Betriebs- oder Heizkostenabrechnung aufrechnen wollen, die haben manchmal ein Problem – oft ohne es zu wissen. Zumindest, wenn der Mietschuldner Hartz IV-Empfänger ist. Denn nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG vom 16.10.2012, Az.: B 14 AS 1881/11 R) ist dieses Guthaben unpfändbar, wenn das Jobcenter im Folgemonat des Zuflusses damit gegen die Leistungen des SGB II-Empfängers für Kosten der Unterkunft aufrechnet. Der Bundesgerichtshof hat sich am 20.06.2013 dieser Auffassung angeschlossen und einer Klage auf Auszahlung des Guthabens nach Verrechnung des Vermieters stattgegeben (Az.: IX ZR 310/12).

Tipp vom Anwalt: Vermieter sollten also ein realistische Vorauszahlungshöhe der Betriebskosten vereinbaren und bei der Abrechnung darauf achten alle umlegbaren Positionen auch in Rechnung zu stellen.

Hartz IV-Empfänger sind geschützt

Die schmissige Begründung war, dass der Hartz IV-Empfänger durch Verrechnung bei zeitgleicher Minderung seiner KdU-Leistung nicht unters Existenzminimum rutschen darf, was ansonsten ja die Allgemeinheit wieder auffangen müsste. Die Verrechnung des Guthabens gegen Mietschulden ist zwar in jedem Fall eine beachtenswerte Einnahme, jedoch steht sie dem SGB II-Empfänger dann nicht unmittelbar zur Verfügung.

Tipp vom Anwalt: Wenn das Jobcenter die Miete im Folgemonat mindert, ohne dass das Guthaben dem Hilfeempfänger ausgezahlt wurde, ist das natürlich nicht ok: Legen Sie hier unbedingt Widerspruch ein (BSG, Urteil vom 16. 5. 2012 – B 4 AS 132/11 R ).

Beratungspflicht der Jobcenter

Achtung: Nach dem LSG Sachsen trifft den Hartz IV-Empfänger u.U. die Pflicht gegen seinen Vermieter vorzugehen, wenn dieser dennoch verrechnet. Das Jobcenter trifft in so einem Fall eine Hinweis- und Beratungspflicht des Hilfebedürftigen (LSG Sachsen vom 21.09.2017 , Az.: L 3 AS 480/12)

Volle Anrechenbarkeit als Einnahme nach § 11 I 1 SGB II

Nach einer neuen Entscheidung des Bundessozialgerichts dürfen die Jobcenter die erfolgten Zahlungen aus Betriebskostenguthaben aber voll aufs Hartz IV anrechnen, auch wenn die Betriebskostenvorauszahlungen aus Zeiten stammen, wo noch kein Hartz IV bezogen wurde (BSG, Urteil vom 24.06.2020, Az.: B 4 AS 7/20). Dies gilt auch bei abschließender Festsetzung nach einer vorläufigen Leistungsbewilligung.

Anders könnte es sein, wenn das Jobcenter die KdU nicht in der vollen tatsächlichen Höhe übernommen hat.

Nach einer Entscheidung des LSG-Berlin-Brandenburg (Az.: L AS 1466/14) darf die Anrechnung im auf den der Gutschrift folgenden Monat beim Hartz IV-Empfänger erfolgen. Auf den Umstand, dass das Guthaben dem Mieter erst mit der Verrechnung zu einem späteren Zeitpunkt wirtschaftlich zugute kommt, kommt es nicht an. Entscheidend ist der Zeitpunkt auf den die Nachforderung tatsächlich anfällt. Das sei der Fälligkeitszeitpunkt, da das Guthaben wegen des Treuhandverhältnisses hinsichtlcih der Betriebskostenvorauszahlung unverzüglich auszuzahlen sei.

Achtung: Bei Guthaben aus Strom darf eine Anrechnung i.d.R. nicht erfolgen nach der BSG-Rechtsprechung. Anders sieht dies aus, wenn ein Bonus beim Stromanbieterwechsel gezahlt wird, weil hier keine Konnexität zwischen sparsamer Energieverwendung und der Zahlung von Abschlägen bestehen soll (BSG vom 14.10, 2020, Az.: B 4 AS 14/20 R)

Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Anforderungen an eine Modernisierungsankündigung

 BGH lockerte Anforderungen an Modernisierungsankündigung


Der Bundesgerichtshof hat die Voraussetzungen an ein formell ordnungsgemäßes Modernisierungsankündigungsschreiben gem. Paragraph 555c BGB gelockert. Im konkreten Fall wollte eine Vermieterin die bisherigen Gasthermen und Gasherde durch eine Zentralheizung mit Gas – Brennwertkessel sowie Elektroherds ersetzen.

Neue Zentralheizung zur Energieeinsparung

Im Ankündigungsschreiben war jedoch nur eine allgemeine Berechnung der Energieeinsparung für die gesamten Gebäudekomplex enthalten.Die Mieterin hatte dieser daher widersprochen, da ihr die energetischen Maßnahmen nicht ausreichend sinnvoll erschienen.

Zu Unrecht wie der BGH nun entschieden hat und gab der Klage auf Duldung der Maßnahme des Vermieters statt. Anders als die Vorinstanz sah Deutschlands oberstes Zivilgericht nicht einen angeblich fehlenden Bezug der bauliche Maßnahme im Hinblick auf die konkret betroffene Wohnung des Mieters. Die Heizkosteneinsparung habe der Mieter an Hand der gemachten Angaben nämlich leicht selber errechnen können. Dass hier ausnahmsweise aufgrund baulichen Zuschnitts oder Ausstattungsmerkmale der Wohnung doch eine  konkrete Berechnung erfolgen musste seinicht plausibel. Der Einbau eines Elektroherdes war im übrigen nur eine notwendige Begleitmaßnahme der Heizungsmodernisierung, so die Richter (BGH vom 20.5.2020, Aktenzeichen VIII ZR 55/19).

Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht

Mittel gegen Kinder- und Jugendarmut

Mittel gegen Kinder- und Jugendarmut

Kinder und Jugendliche in Hartz IV-Haushalten bis zum 18 Geburtstag können Anspruch auf Leistungen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in Höhe von 15 Euro haben.

Tipp: In Ausnahmefällen wird es werden sogar die Kosten für Ausrüstungen für bestimmte Sportarten übernommen.

Leistungen für Bildung

Und dies alles neben der Hartz IV-Regelleistung! Solche Personen bis 25 Jahre erhalten unter Umständen automatisch Leistungen für Bildung, wie für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten, Schulbedarf in Höhe von 100 € zum 1. August und weiteren 50 € zum 1. Februar jeden Jahres, die erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen für die Schülerbeförderungskosten und mehr Aufwendungen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung. Auf Antrag gibt es sogar die Übernahme der Kosten fürangemessene Lernförderung bei Schülern zur Ergänzung schulischer Angebote. Wird über diese Leistungen nicht im Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gleich mitentschieden, so ist in dem betreffenden Bescheid ein Hinweis zu geben, vergleiche Paragraph 41 Abs. 3 S. 2 SGB II.

Kostenersatz für Schulbücher und Laptops

Neben dem Kosten für Schulbedarf haben Schüler bis 25 Jahre in Hartz IV-Haushalten unter Umständen Kostenersatzanspruch für Schulbücher und im Einzelfall auch für einen intenetfähigen Laptop.

Tipp: Muss der Hartz IV-Empfänger in Vorleistung gehen, obwohl er den Antrag ans Jobcenter rechtzeitig gestellt hat, gibt ihm Paragraph 30 SGB II einen Kostenersatzanspruch.

Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Die Hammer-Entscheidung vom SG Berlin: Während Corona muss Jobcenter u.U. auch unangemessen Wohnkosten zahlen

Jobcenter muss u.U. volle Mietkosten in Coronakrise tragen

Für Leistungszeiträume, die ab Anfang März 2020 bis Ende Juni 2020 beginnen müssen Jobcenter nach der Auffassung des Sozialgerichts Berlin auch die  unangemessen hohen Wohnkosten übernehmen, wenn zuvor schon die unangemessen hohen Kosten der Unterkunft übernommen wurden.. Dies gilt nach Auffassung des Sozialrichters auch für Hartz IV-Empfänger, die schon länger im Bezug stehen, weil die während der Corona-Krise neugeschaffene Vorschrift des § 67 SGB II in diesem Punkt nicht zwischen Altfällen und neuen Arbeitslosen unterscheidet.

Widerspruch und Eilverfahren

Tipp vom Anwalt: Ergeht in diesem Zeitraum für Sie ein neuer Bescheid, indem das Jobcenter nicht die gesamten Kosten der Unterkunft (KdU) übernimmt, dann legen Sie unbedingt Widerspruch ein. Sollte die Widerspruchsfrist schon abgelaufen sein, dann kommen Sie mit einem Überprüfungantrag wieder ins Verfahren hinein.  Beantragen Sie zugleich ein Eilverfahren vor Ihrem zuständigen Sozialgericht.

Hintergrund war der Fall einer alleinerziehenden Mutter, die nur bis März 2020 vom Jobcenter die gesamte Bruttowarmmiete ersetzt bekam. Im neuen Bescheid wollte das Jobcenter nur den Betrag aus den (mutmaßlich unschlüssigen) Richtlinien für Berlin bezahlen. Das Sozialgericht Berlin hat dem Eilantrag der Dame nun Recht gegeben und das Jobcenter verpflichtet die vollen Mietkosten für  sechs Monate zu übernehmen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Az.: S 179 AS 3426/20 ER).

Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Jobcenter muss Ungezieferbeseitgung zahlen

Das Sozialgericht Reutlingen hat ein Jobcenter verurteilt die Kosten von einem kleinen vierstelligen Betrag für die Ungezieferbeseitigung in der Mietwohnung einer dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft von Hartz IV-Empfängern zu übernehmen (SG Reutlingen vom 13.11.2019, Az.: S 4 AS 2464/19 ER). Die Alleinstehende mit ihren beiden minderjährigen Kindern wurde von Bettwanzen geplagt; der Vermieter weigerte sich aber die Kosten der Schädlingsbekämpfung zu tragen.

Nach der Ansicht des Sozialgerichts gehören die Kosten der Schädlingsbekämpfung zu den Kosten der Unterkunft nach § 22 I SGB II und die Kostenübernahme auch erforderlich u die Sciherstellung eines menschlichen Wohnens sicherzustellen. Dabei konnte die Hartz IV-Empfängerin auch Profis für eine thermische Behandlung heranziehen und musste das Ungeziefer nicht in Eigenregie bekämpfen.

Tipp vom Anwalt: Besorgen sie sich bevor Sie Antrag beim Jobcenter stellen am Besten drei Kostenvoranschläge von Kammerjägern.

Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren

Entschädigungsklage bei überlanger Verfahrensdauer

Weder ein gewisser Hang zum Querulantentum, noch ein aggressives Auftreten gegenüber dem Gericht hinderten einen Harz IV-Empfänger bei einem überlangem Gerichtsverfahren erfolgreich eine Entschädigungsanspruch wegen “seelischem Unbill” geltend zu machen. So hat es das LSG Niedersachsen-Bremen einst entschieden. Fachanwalt für Sozialrecht Christopher Richter, LL.M.Eur. stellt Ihnen das interessante Urteil und neuere Entwicklungen in diesem Bereich vor.

Verzögerungsrüge durch Anwalt

Im März 2011 hatte der schwerbehinderte, unter diversen psychiatrischen Beschwerden leidende Mann einst seine „etwas“ wirre Klage wegen „Justizverbrechen“ gegen die Unfallversicherung erhoben. Weil er jüdischer Religionszugehörigkeit sei, werde er durch ein Zusammenwirken von Justiz, Unfallversicherung und Regierungskreisen angeblich diskriminiert. Zunächst mussten gerichtliche Ermittlungen in den Niederlanden wo sich der Mann jahrelang aufgehalten hatte, erfolgen. Später erfolgten diverse gerichtlich angeordnete Sachverständigengutachten.

Tipp vom Anwalt: Frühestens sechs Monate nach der Erhebung der Verzögerungsrüge und spätestens sechs Monate nach der endgültigen Entscheidung muss die Entschädigungsklage erhoben werden. In sozialrechtlichen Angelegenheiten ist das jeweils zuständige Landessozialgericht richtiges Klagegericht und das jeweilige Land richtiger Beklagter.

Im Februar 2014 fragte der nunmehrige Anwalt des Klägers nach dem Sachstand. Ein für Juli 2015 angesetzter mündlicher Termin wurde aufgehoben; im August 2016 erhob der Klägeranwalt die Verzögerungsrüge. Am 27.April 2017, also mehr als sechs Jahre nach Klagerhebung erging ein Gerichtsbescheid nachdem die Unfallversicherung dem Mann ab Juli 2005 für mehr als zwei Jahre eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 von Hundert zu gewähren.

Anrechnungsfreiheit der Entschädigungsleistungen nach § 198 III GVG?

Zurecht, wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremenentschieden hat und dem Mann gem. §§ 202 I 2 SGG i.V.m. § 198 GVG 2.400 € für die 24 Monate zu lange Verfahrensdauer zusprach. Der Clou: Der Betrag wurde bisher weder auf Hartz IV noch die Grundsicherung angerechnet. Denn das Geld diene nach der Meinung der Sozialrichter der Kompensation für die erlittene Beeinträchtigung bzw. den teilweisen Verlust von Lebensqualität durch das überlange Verfahren. Letztlich solle so präventiv das Recht des Einzelnen auf ein zügiges Verfahren abgesichert werden. Auch andere zweckbestimmte Leistungen, wie das Landesblindengeld oder die erhöhte Hinterbliebenenrechte für das sogenannte Sterbevierteljahr, seien ja anrechnungsfrei. Nach einer neueren Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.11.2019 (derzeit anhängig beim BSG) sind diese Entschädigungszahlungen angeblich doch anrechenbar auf die SGB II-Leistungen (Az.: L 11 AS 1044/18)

Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz

Die Richter wurden ungewöhnlich deutlich: Würde anders entschieden, könnte in der Justiz der fatale Eindruck entstehen, dass Verfahren von “Hartzern” oder Empfängern der Grundleistung nicht dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot unterlägen und womöglich nur nachrangig abzuarbeiten seien. Ihren Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz könnten diese Personen dann nicht in angemessener Zeit verwirklichen im Vergleich zu Nichtmittellosen.

Tipp vom Anwalt: Lassen Sie anwaltlich überprüfen, was die angemessene Verfahrensdauer für ihr Verfahren gewesen wäre (1) und ob und welche Zeiten im konkreten Fall abzuziehen seien, die etwa auf Umständen beruhen, die Sie selber verursacht haben (2). Zuletzt ist dann festzustellen, ob die Gesamtdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten hat (3).

1.200 € Entschädigung  je Jahr ohne Verfahrensförderung

Das Landessozialgericht hatte zunächst entschieden, dass es zu 39 Monaten Verfahrenslaufzeit ohne Verfahrensförderung gekommen sei. Die in dieser Zeit getroffene Prozesskostenhilfeentscheidung, wie auch ein Schreiben, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftliche Wege bestehe, unterbrachen diesen Zeitraum nicht. Hiervon zog das Gericht dann zwölf Monate an Vorbereitungs- und Bedenkzeit für das Gericht und nochmals drei Monate wegen dem konfrontativen Verhalten des Klägers ab. Weil die vom Kläger eingelegte Berufung sehr schnell zurückgenommen worden war, war dieses Rechtsmittel hier für die Entschädigung unschädlich.

Tipp vom Anwalt: Tritt in einem ordentlichen Sozialgerichtsverfahren ein Leerlauf von länger als einem Jahr oder drei Monate für das Verfahren zur Kostengrundentscheidung (z.B. nach Erledigung, dazu LSG Berlin-Brandenburg vom 30.10.2019, Az.: L 37 SF 38/19 EK AS) auf, stehen die Chancen nicht schlecht, dass ein Entschädigungsanspruch für Sie besteht. Dieser beträgt 100 € je vollem Monat. Solche Entschädigung gibt es auch auch vor Zivil- und Verwaltungsgerichten bei überlangen Verfahren.

Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Pflegeverfügung ergänzt Patientenverfügung

Mit einer Pflegeverfügung vorsorgen

Viele stellen sich dem Gedanken nachvollziehbarerweise  nur ungern: Einmal dauerhaft auf Pflege angewiesen zu sein ist für viele Menschen eine unangenehme Vorstellung. Eine Pflegeverfügung regelt früh, wie Sie Ihren Alltag regeln möchten, wenn Sie eines Tages pflegebedürftig sein sollten. Da ist eine gute Sache, denn es kann aus Unwissenheit oder anderen Gründen leicht passieren, dass das, was für Ihr Wohlbefinden und Ihre Geborgenheit notwendig ist, im pflegerischen Alltag nicht umgesetzt wird.

Wichtige Hilfe im pflegerischen Alltag

Eine Pflegeverfügung ist zwar kein rechtlich bindendes Vorsorgedokument, sie wird in der Regel jedoch als Ausdruck der Selbstbestimmung von Gerichten respektiert und wird von gerichtlich bestellten Betreuern auch beachtet. Sie ist eine wichtige Ergänzung zur Patientenverfügung. Das Dokument dient somit ebenso als wichtige Orientierungshilfe für manchmal in der Krise überforderte Angehörige, wie auch für Heimleitungen und Pflegedienste. Nach aktueller Gesetzeslage sind Pflegedienste und Heime nämlich verpflichtet bei der Pflege individuelle Besonderheiten stärker zu beachten (vgl. §§ 113 ff SGB XI).

Ihre Wünsche konkret benennen

Sie können darin etwa für die Art und Weise der Pflege konkrete Wünsche äußern etwa den gewünschten Ort der Pflege, deren Umfang (etwa Überwachung durch technische Hilfsmittel, wie Kameras und  Mikrofone oder freiheitsentziehende Maßnahmen, wie Bettgitter oder Sitzgurte) und die ausführenden Personen benennen.  Essensvorlieben im positiven, wie im negativen Sinne, Körperpflege- und Kleidungsgewohnheiten, die Gestaltung eines Zimmers, die Benennung bestimmter liebgewonnener Rituale, vom Stück Kuchen am Nachmittag bis hin zur der Lieblingssendung im Fernsehen, können hier festgehalten werden. Auch Hobbies, Ruhe- und Schlafgewohnheiten, religiöse Vorstellungen oder wichtige Informationskanäle können hier benannt werden. Was zunächst etwas banal klingen mag, leistet im Ernstfall einen erheblichen Beitrag zum Wohlbefinden des Vorsorgenden im Alter. Neben bestimmten Wünschen können dort sogar die Charakterzüge der zu pflegenden Personen festgelegt werden. Insgesamt gibt das Dokument dem zuständigen Pfleger einen umfassenden Überblick wie die Pflege gestaltet werden soll.

Die Spielräume einer Pflegeverfügung nutzen

Wie genau eine Pflegeverfügung verfasst sein muss, ist nicht gesetzlich festgelegt. Sie ist aber ein wichtiger ergänzender Baustein zur Patientenverfügung. Mit ihr kann man sich vorab in Ruhe auf eine spätere Pflegesituation vorbereiten. In der Pflegeverfügung kann auch der Wunsch geäußert werden, solange wie möglich im angetrauten Zuhause zu bleiben und möglicherweise auch dort gepflegt zu werden, etwa bis es für die Angehörigen und Pflegedienste unzumutbar schwierig wird. Letzteres kann auch an eine festes Ereignis geknüpft werden, wie den Auftritt eines Schlaganfalls oder einer Demenzerkrankung im fortgeschrittenen Stadium. Genauso kann geäußert werden, welches Pflegeheim Sie bevorzugen und welches Sie ablehnen. Die Pflegeverfügung ermöglicht es, festzulegen, ob Sie im Pflegeheim ein Einzel- oder Doppelzimmer wünschen, wie stark es mit persönlichen Dingen ausgestattet sein sollte und ob gar ein Haustier mitkommen soll. Ebenso kann man festlegen, ob ein Pfleger oder eine Pflegerin die Intimpflege übernehmen soll, wie mit Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme oder Medikamenteneinnahme umgegangen werden sollt.

Hier geht es zu unserem Ressort Pflegerecht

Hier geht es zu unserem Ressort Vorsorge

 

Fitnesscenter wehrte Sozialversicherungsbeitragsnachforderung ab

Unbillige Härte durch staatlich erzwungene Betriebsschließung

Das LSG Bayern hat am 06.05.2020 ein interessantes Urteil im Eilverfahren im Bereich der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen erlassen und zugleich ein Urteil des Sozialgerichts München aufgehoben (Az.: L 7 BA 58/20 B ER). Die Entscheidung ist bahnbrechend, weil sie nicht nur aktuelle Bezüge zur aktuellen coronabedingten Wirtschaftskrise aufweist, sondern eine Zäsur zur bisherigen Linie der Rechtsprechung darstellt, die ansonsten regelmäßig dem Liquiditätsinteresse der Sozialversicherungskassen gegenüber dem angeschlagener Unternehmen den Vorzug einräumt.

Selbständige oder angestellte Fitnesstrainer?

Ein Fitnessstudio-Betreiber mit mehreren Filialen erhält im Zuge des Urteils über 7.000 € an gezahlten Sozialbeiträgen vorläufig zurück. Seine Tätigkeit umfasste  die Durchführung eines funktionellen Trainingskonzepts bzw die eines Fitnesstrainers für Kleingruppentraining. Aufgrund einer Betriebsprüfung kam die Rentenversicherung zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Tätigkeit der Fitnesstrainer um keine selbständige, sondern um eine abhängige Beschäftigung handelte. Sie forderte durch Bescheid Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung nach. Die Nachforderung wurde aufgrund einer Einzugsermächtigung, die der zuständigen Einzugsstelle eingeräumt war, vom Konto der Antragstellerin eingezogen.

Tipp vom Anwalt: Legen Sie in einer solchen Situation auch gegen den Beitragsnachforderungsbescheid Widerspruch ein.

Liquiditätsengpass infolge Corona-Krise?

Die Antragstellerin hatte vorm Sozialgericht München u.a. eine unbillige Härte durch die Zahlung der Beiträge eingewandt. Der behauptete Liquiditätsengpass aufgrund der Corona-Krise interessierte das Sozialgericht jedoch wenig, da es auf Bundes- und auf Landesebene ja Sofortprogramme gäbe, um solche Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

Totaler Einnahmeausfall durch erzwungene Schließung aufgrund Allgemeinverfügung

Das sah die Klägerseite freilich anders: Bei ihrem Fitnesscenter handele es sich um ein  grundsätzlich gesundes Unternehmen, welches nur durch die staatlich erzwungene Schließung aufgrund der Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsregierung seit Mitte März in Schwierigkeiten gerate sei. Da durch die Schließung auch der Vergütungsanspruch gegenüber den Kunden nach § 326 BGB untergehe, müsse das Fitnessstudio mit einem Totalausfall all ihrer Einnahmen rechnen. Diese Situation habe die Antragstellerin bis April nur überstanden, weil die Gesellschafter über den totalen Gehaltsverzicht hinaus 7 000 EUR einbezahlt hatten.

Wiedereröffnung der Studios im Blick

Die  laufenden Zahlungen in höhe eines kleinen fünfstelligen Betrages  konnten zuletzt aus den noch vorhandenen flüssigen Mitteln bestritten werden (allein für Gehälter fielen 8.000 € an). Im Laufe des Monats Mai fielen weitere Betriebsausgaben an, die lediglich dann vollständig gezahlt werden könnten, wenn auf die streitige Beitragsnachforderung zurückgegriffen werden könnte. Die Existenz des Betriebes bis zur  erwartenden Wiedereröffnung der Studios könnte nur mit der begehrten Rückzahlung gesichert werden und das Fitnesscenter sei “über dem Berg”.

Beschränkungen durch Allgemeinverfügung kein Sonderfall?

Die Fitnessstudio-Kette hatte bereits alle für eine Wiedereröffnung notwendigen Voraussetzungen geschaffen, im Hinblick auf die zu erwartenden Auflagen, insbesondere die Anzahl der trainierenden Personen im Verhältnis zur Fläche reduziert. Die Sozialversicherung zeigte sich trotz dieser ganzen Umstände eiskalt und betonte auch aktuell bestehe ein öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Beitragsschulden.  Ein Sonderfall läge trotz Corona nicht vor. So sei die Beitragsnachforderung nicht geeignet, die laufenden Betriebskosten des Fitness-Studios auf längere Sicht auszugleichen. Und es sei auch nicht absehbar, wann die Antragstellerin ihren Betrieb wieder fortführen könne. Im Insolvenzfall sei die Beitragsforderung jedenfalls nicht mehr realisierbar. Gerade in der aktuellen Krisensituation sei zu berücksichtigen, dass Beitragsforderungen, die heute nicht realisiert würden zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt nicht mehr durchsetzbar sein würden.

Beitragsnachforderung unbillige Härte im Einzelfall

Anders sah dies das bayerischen Landessozialgericht hier, da die Vollziehung für die abgabepflichtigen Fitnessstudios eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sah es als offen, da die für die Antragstellerin ausgeübte Tätigkeit als Fitnesstrainer sowohl als abhängige Beschäftigung als auch als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden könne. Die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass das Festhalten an der sofortigen Vollziehung der Beitragsnachforderung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für sie zur Folge hätte. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die aktuelle finanzielle Situation der Antragstellerin auf staatliche Maßnahmen (zur Bekämpfung des neuen Coronavirus) zurückgeht, die keine spezifische Ursache im Betrieb der Antragstellerin habe, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgten. Die Klägerin habe durch verschiedene Maßnahmen, wie den Verzicht der Geschäftsführer auf Gehalt, die Einzahlung privater Mittel durch die Gesellschafter auch alles versucht um den entstandenen Liquiditätsengpass anders zu beseitigen.

Fortbestehen des Betriebs im Interesse der Solidargemeinschaft

Das Landessozialgericht betonte, dass das Fortbestehen des Betriebs d mit mehreren Arbeitnehmern und monatlichen Beiträgen zur Sozialversicherung im vierstelligen Bereich im Interesse der Solidargemeinschaft stehe.  Die fehlende Rückzahlung würde das Fortbestehen des Betriebs der Antragstellerin und damit der von ihr eingegangenen sozialversicherungsbeitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse gefährden.

Hier geht es zu unserem Ressort Sozialrecht

 

Update: Soforthilfe wird auf Hartz IV nicht angerechnet

Soforthilfe kein anzurechendes Einkommen

Noch fehlen eigene Regeln, wie mit dem Zufluss der Soforthilfe während des Bezuges von Hartz IV umzugehen ist. Nach bisheriger Gesetzeslage, da waren sich viele Sozialrechtler einig, musste die Soforthilfe auf Hartz IV als Einkommen angerechnet werden. Nun hat das SG Berlin anders entschieden (SG Berlin vom 04.07.2022, Az.: 123 AS 8864/20).

Dennoch Hartz IV-Antrag stellen?

Eine missliche Lage für die Personen, die auf die Soforthilfe noch warten und  wegen nicht mehr vorhandener liquider Mittel. Sozialleistungen beantragen müssen. Diese mussten mit Aufrechnungs – und später Erstattungsbescheiden rechnen. Meldet man den Zufluss der Soforthilfe zudem nicht rechtzeitig gerät man  in die Gefahr sich einem Strafverfahren wegen Sozialbetrugs auszusetzen.

Nach dem SG Berlin ist die Soforthilfe nur bei den Betriebsausgaben in Abzug zu bringen.

Bei Erstattungsbescheiden im Einzelfall weiter Widerspruch sinnvoll

Bei den Soforthilfen gibt es eine Ausnahme zum Zuflussprinzip des SGB II. Die Corona-Soforthilfe ist den Monaten zuzuordne, für den diese Hilfen im Einzelfall bezimmt sind.

Tipp vom Anwalt: Da die Rechtslage noch nicht hinreichend klar ist, legen Sie gegen die Aufrechnung – beziehungsweise Erstattungsbescheide des Jobcenters  unbedingt Widerspruch ein.

Hier geht es zu unserem Resort Hartz IV

 

 

Vom Unternehmer zum Hartz IV-Empfänger wegen Corona

Gefangen im der Soforthilfe-Warteschleife

Es war ein großes Versprechen, dass die Politik abgegeben hatte. Soforthilfen sollten Unternehmern helfen die coronabedingten Umsatzrückgänge zu überbrücken. Die Gelder wurden schnell bereitgestellt, doch in der Bewilligung ist es nun wegen des starken Andrangs und strengeren Überprüfungsverfahren nach einigen Betrugsversuchen zu heftigen Verzögerungen gekommen.

Hartz IV-Antrag trotz Soforthilfe?

Viele Unternehmer, die die Liquiditätsmängel nicht mehr auffangen können, müssen um ihren Lebensunterhalt zu sichern, nun Hartz IV beantragen. Obwohl die Politik eigentlich einen erleichterten Hartz IV-Antrag versprochen und bereitgestellt hat, halten sich einige Jobcenter – besonders in sogenannten Optionskommunen, wo die Gemeinden ihre Arbeitslosen in eigener Verantwortung selber verwalten – sich an diese Vorgaben nicht und prüfen das Vermögen weiter ab. Nach deren Empfinden handelt es sich bei dem neuen Antrag nur um eine Empfehlung der Bundesarbeitsagentur.

Tipp vom Anwalt: Beantragen Sie mit Ihrem Antrag sofort einen Vorschuss, um nicht in eine weitere Warteschleife zu rutschen – diesmal beim Jobcenter. Besteht das Jobcenter weiter auf den vollständigen Antrag, dann leiten  sie ein Eilverfahren vor ihrem zuständigen Sozialgericht ein.

Wenn später die Soforthilfe ausgezahlt wird, dann darf sie nicht auf das Hartz IV angerechnet werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 15.09.2021, L 18 AS 884/21). Für Selbständige gibt es übrigens auch eine verkürzte Anlage EKS. Anwaltskosten können hier als Betriebsaufwand in der Krise u.U. gewinnmindernd eingetragen werden.

Erleichterter Hartz IV-Zugang für EU-Ausländer in der Corona-Krise

Obdachloser EU-Bürger erhält Hartz IV in Corona-Krise trotz verlorener Dokumente

Nach dem “Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach dem SGB II” – verkürzt oft „EU-Bürger-Ausschlussgesetz“ genannt – erhalten arbeitssuchende und wirtschaftlich nichtaktive EU-Bürger in den ersten fünf Jahren keine Sozialleistungen.

Kein Anspruch bei unter fünfjährigem Aufenthalt

Somit haben obdachlose Ausländer, die oft auch EU-Bürger sind, keinen Anspruch auf Sozialhilfe oder das sogenannte Hartz IV. Sie müssen sich häufig entweder als Tagelöhner, Prosituierte, Flaschensammler oder durch Betteln durchschlagen. All diese Einnahmequellen sind nun durch die massiven Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie weitgehend versiegt. Experten vermuten es in Deutschland mehrere Zehntausend Menschen unter vergleichbaren Umständen und ohne Anspruch auf staatliche Fürsorgeleistungen und ohne Anspruch auf medizinische Versorgung gibt.

Corona-Krise als Extremsituation

Das Sozialgericht Düsseldorf hat nun in einem Eilbeschluss (Az.: S 25 AS 1118/20 ER) in der Corona-Krise einem obdachlosen portugiesischen Staatsbürger, der viele Unterlagen zum Nachweis seines Aufenthalts in Deutschland verloren hatte, dennoch einen Hartz IV-Anspruch zugebilligt, weil er seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht habe. Es sei als Obdachloser ohne jegliche Einkünfte selbstverständlich auch hilfebedürftig und hier stehe das sog. EU-Bürger-Ausschlussgesetz, was im § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seinen Niederschlag gefunden habe, dem Anspruch nicht entgegen.

Geschlossene Grenzen verhindern Ausreise

In der derzeitigen Corona-Kreise stehe der dargestellte Leistungsausschluss und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf das Existenzminimum in einem besonderen Spannungsverhältnis. Es sei in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie das Jobcenter dem Kläger hier Leistungen verweigern könne, ärgerte sich der Richter. Denn ein ausländischer Obdachloser, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit nicht in sein Heimatland zurückreisen könne, um ggf. dort Sozialleistungen zu beantragen, dem muss sein Überleben in dieser Zeit vom Staat gesichert werden. Zumal es aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen ggf. zu erbetteln, ergänzte der Sozialrichter, der offensichtlich sein Herz am richtigen Fleck trägt und dem Eilantrag des Klägers stattgab.

Mehr Infos zu Hartz IV hier

SG Frankfurt: Kein Mehrbedarfanspruch wegen Corona

Muss Jobcenter im Einzelfall für Corona-Test zahlen?

Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt (Main) muss das Jobcenter weder die Kosten für einen Corona-Test noch einen Mehrbedarf für erhöhter Ernährungskosten wegen der Corona-Krise gewähren. Damit setzen Sozialgerichte ihre harte Linie gegenüber Altfällen im SGB II fort.

hier zur Entscheidung des SG Konstanz

Was war passiert? Der 45-jährige Hartz IV-Empfänger hatten in einem gerichtlichen Eilverfahren verlangt, das Jobcenter zur vorläufigen Übernahme der Kosten eines Corona-Tests in Höhe von 200,00 EUR zu verpflichten. Zudem wollte er einen Mehrbedarf in Höhe von 100,00 Euro für höhere Ernährungskosten wegen der Corona-Krise.

Anders für Mitglieder einer Risikogruppe?

Mit diesem Ansinnen ist er jetzt gescheitert. Das Sozialgericht lehnte seinen Eilantrag mit der Begründung ab, dass das Jobcenter nicht der zuständige Leistungsträger sei, sondern die gesetzliche Krankenversicherung. Der Antragsteller gehöre nach eigenen Angaben auch nicht zu einer Risikogruppe. Daher sei der Test für ihn nicht notwendig. Der Kläger habe folglich keinen Anspruch darauf, besser gestellt zu werden als andere gesetzlich  Krankenversicherte.

Ohne Engpässe kein  Anspruch für Mehrbedarf für Nahrung

Das Sozialgericht Frankfurt hat den Eilantrag des Antragstellers auh in einem weiteren Punkt abgelehnt: Im Hinblick auf das Ziel das Jobcenters zur vorläufigen Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 100,00 EUR für Ernährungskosten, die durch die Corona-Krise erhöht seien, zu verurteilen. Die Begründung entspricht der Begründung des Sozialgerichts Konstanz (Link oben): Der Antragsteller könne den Erwerb von Lebensmitteln nämlich aus seinem Regelbedarf bestreiten, auch in der derzeitigen coronabedingten Krise, so der Richter. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs lägen nicht vor. Der Antragsteller habe zwar behauptet, dass er als Hartz IV-Empfänger Schwierigkeiten habe, sich zu ernähren. Tatsächlich bestünden  bei Verbrauchsgütern und Lebensmitteln keine Versorgungsengpässe. Dies gelte auch für solche Waren und Lebensmittel, deren Erwerb Bezieher von Grundsicherungsleistungen aus dem Regelbedarf bestreiten müssen.

Mehr Infos zum Thema Hartz IV hier

Corona-Entscheidung des SG Konstanz: Kein Anspruch auf Zuschlag für Notbedarf

Anspruch auf Corona-Notbedarfszuschlag?

In vielen Beiträgen wird Hartz IV-Empfängern empfohlen einen Antrag auf Mehrbedarf wegen der Corona-Krise zu stellen. Zumindest das SG Konstanz hat in einer Eilentscheidung diesem Ansinnen nun einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Der klagende 1955 geborene Antragsteller hatte sich mit Schreiben vom 28. Februar 2020 an sein Jobcenter gewandt und beantragte unter Hinweis auf die Corona-Pandemie zusätzliche Leistungen für eine Notbevorratung von Lebensmitteln für etwa zehn Tage, für eine Mundschutzmaske und für Desinfektionsmittel. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 2. März 2020 mit der Begründung abgelehnt, es handle sich um keine Leistung des SGB II. Widerspruch war nicht erhoben worden.

Notbevorratung für Toilettenpapier, Nudeln und Mehl

Drei Wochen später beantragte der Kläger einen Vorschuss seines Arbeitslosengeldes II für die gewünschte Notbevorratung. Zur Begründung führte er aus, er habe in den Supermärkten einen regelrechten Ansturm erlebt.  Wir kennen das alle: Vor allem Toilettenpapier, Nudeln oder Mehl sind kaum mehr zu bekommen. Dennoch lehnte das Jobcenter die Gewährung eines Darlehens für eine Lebensmittelbevorratung mit der Begründung ab, die beantragte Leistung sei durch den Regelbedarf abgedeckt.

Hamsterkäufe führen zu Knappheit

Ende März 2020 hatte der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht gestellt. Zur Begründung führt er aus, durch den Corona-Virus sei es zu einer bundesweltweiten Krise gekommen. Durch “Hamsterkäufe” sind in den Supermärkten billige Produkte an Grundnahrungsmitteln wie Reis, Nudeln, Feuchttüchern, Fleisch, Konserven, Seife und Toilettenpapier ausverkauft. Viele Bürger sind gezwungen, teurere Produkte zu kaufen. Statt einer 500 g-Packung Nudeln für 0,45 EUR musste er zuletzt eine Packung für 2,70 EUR kaufen müssen. Preise wie 2,40 EUR für eine Salatgurke oder 1,00 EUR für eine einzelne Orange seien vor kurzem im Discounter noch undenkbar gewesen. Hygieneartikel und spezielle Schutzmasken bzw. -kleidung sind  auf dem freien Markt zu den gewohnten Preisen auch nicht mehr zu beschaffen.

“Prepper” nun überall

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rate zu einer Notbevorratung von Lebensmittel und Wasser für mindestens zehn Tage, was mehrere hundert Euro koste. Und komme es tatsächlich zu einer “häuslichen Quarantäne”, dürften infizierten Verdachtsfälle ihre Wohnung mindestens 14 Tage lang nicht verlassen und keinen direkten Kontakt zur Außenwelt haben. Infizierten Verdachtsfällen werde seitens der Regierung geraten, ggf. Freunde und Verwandte zu bitten, ihnen Lebensmittel vor die Türe zu stellen. Im besten Fall ernährten sich Betroffene von ihren Notvorräten.

SG Konstanz: Kein Anspruch auf Mehrbedarf fürs “Hamstern”

Die hier allein in Frage kommenden Mehrbedarfe betreffen nach § 21 Abs. 1 SGB II Bedarfe nach § 21 Abs. 2 bis 7 SGB II, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. Näher zu prüfen ist dabei nur ein Leistungsbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II. Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Handelt es sich hingegen nicht um einen laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf, kann nach § 24 Abs. 1 SGB II ein Darlehen für einen vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf gewährt werden.

Eine Frage der Eigenverantwortung

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät zwar in der Tat zu einem Notvorrat an Lebensmitteln und Getränken für 14 Tage, es handelt sich jedenfalls um keinen unabweisbaren Bedarf, für den das Jobcenter gesondert Leistungen als Zuschuss bzw. Darlehen zu erbringen hätte. Vielmehr liegt eine solche Bevorratung im Bereich der eigenverantwortlichen Entscheidung jedes Bürgers.

Notvorrat aus dem Regelsatz aufbauen?

Dem Leistungsberechtigten ist es, wenn er sich für einen solchen Notvorrat entscheidet, zumutbar, diesen zeitlich gestaffelt aufzubauen und nach und nach aus den ihm gewährten Regelleistungen zu bezahlen. Auf der anderen Seite ist es ihm möglich, Lebensmittel und sonstige Produkte aus dem Notvorrat, deren Haltbarkeit abläuft, nach und nach zu verbrauchen und dadurch Aufwendungen für ihren Ersatz auszugleichen.Etwas Anderes folge auch nicht aufgrund der Einschränkungen, welche die Corona-Pandemie aktuell für die deutsche Bevölkerung mit sich bringt.

 “Corona kein Anlass für hamstern”

Nach der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 17. März 2020 (in der Fassung vom 28. März 2020) bestehen zwar Einschränkungen für den Aufenthalt im öffentlichen Raum (§ 3 der Verordnung). Eine allgemeine Ausgangssperre ist jedoch nicht angeordnet worden. Zu den weiterhin geöffneten Einrichtungen gehören der Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke einschließlich Bäckereien, Metzgereien, Hofläden, weiterhin Wochenmärkte sowie Apotheken und Drogerien (§ 4 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 6 der Verordnung). Damit ist es möglich, regelmäßig einkaufen zu gehen und den Bedarf an Lebensmitteln und weiteren wichtigen Gegenständen des täglichen Bedarfs zu decken, so der Richter. Niemand sei daher gezwungen, allein aufgrund der Corona-Pandemie Vorräte anzulegen, die über dasjenige hinausgehen, was in einem Haushalt auch sonst üblich ist.

Situation für Hartz IV-Empfänger bei Ausgangssperre

Auch bei einer Verschärfung der Hygienemaßnahmen spreche nichts dafür, dass Menschen das Haus nicht mehr verlassen dürfen, um Lebensmittel einzukaufen. So ist es in Ländern, deren Beschränkungen derzeit weitergehen noch  möglich, Einkäufe für den persönlichen Bedarf vorzunehmen und dafür aus dem Haus zu gehen.

 Notvorberratung bei “häuslicher Quarantäne”

Wenn man sich  abgesondert in der  Wohnung aufhalten muss (“häusliche Quarantäne”) aufgrund einer entsprechenden Anordnung der hierfür zuständigen Behörden bzw. Gesundheitsämtern wegen eine Infektion oder zumindest den konkreten Verdacht hätte im Gegenzug auch Anspruch gegen die Behörde ihm die notwendigen Lebensmittel zu lassen. Diese, jedenfalls die allgemeinen Ordnungsbehörden, stehen dann in der Pflicht, die abgesonderten Personen mit den notwendigen Lebensmitteln zu versorgen, so dass Gericht. Ein unabweisbarer Mehrbedarf besteht auch nicht, weil Lebensmittel infolge der Corona-Pandemie allgemein teurer geworden sind.

Versorgungsprobleme aufgrund logistischer Probleme

Die Handelsketten versichern, dass dies an noch nicht angepassten logistischen Abläufen liegt. Es liegen explizit keine Versorgungsprobleme vor, die Versorgung mit Lebensmitteln ist weiterhin gesichert. Der Handel hat zugesichert, auf die verstärkte Nachfrage zu reagieren und das Sortiment aufzustocken.” Auch nach den Angaben der Bundesregierung sei die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland gesichert. Das schließe nicht aus, dass in einzelnen Geschäften, an einzelnen Tagen bestimmte besonders nachgefragte Lebensmittel ausverkauft sind.

Kartoffeln statt Nudeln, Masken einfach selber basteln

Dem Antragsteller ist es aber in einem solchen Fall zuzumuten, für eine kurze Zeit auf andere Lebensmittel, etwa auf Kartoffeln statt Nudeln, auszuweichen oder auf andere Geschäfte bzw. Einkaufsmöglichkeiten als die gewohnten zurückzugreifen. Zusätzliche Aufwendungen für Hygiene (Seife, Reinigungs-, Desinfektionsmittel) sowie auf Schutzmasken und Schutzkleidung seien kein unabweisbarer Bedarf.  Angesichts der Corona-Pandemie wird allgemein empfohlen, Abstand von anderen Personen zu halten, Berührungen zu vermeiden, bestimmte Regeln beim Husten und Nießen einzuhalten und sich regelmäßig die Hände zu waschen. Die Aufwendungen für Seife und vergleichbare Reinigungsmittel sind im Regelbedarf enthalten, so das Gericht. Schutzmasken, die ihren Träger wirksam vor Corona-Viren schützen (sog. FFP3-Masken), oder gar spezielle Schutzkleidung sind derzeit im allgemeinen Handel kaum erhältlich.  Schutzmasken, die dem FFP3-Standard nicht entsprechen und teilweise selbst aus Stoff hergestellt werden können, dienen dem Schutz anderer vor einer möglichen Infektion durch den Verwender der Maske.

Maskenpflicht

Die Verpflichtung, diese zu tragen, wird derzeit öffentlich diskutiert, ist aber bisher nicht umgesetzt worden. Unabhängig hiervon ist angesichts der Verpflichtung großer Teile der Bevölkerung zum Tragen solcher Masken in der Öffentlichkeit nicht zu erkennen, dass Anforderungen gestellt werden, die den Bürgern übermäßige Kosten auferlegen. Harzt IV-Emfänger können ihre Ausgaben umschichten, im Übrigen seien aus Baumwolle selbst geschneiderte Masken, Schals, Tücher, Buffs etc. ausreichend zum Schutz.

Tipp vom Anwalt: Dies ist noch eine Einzelentscheidung eines einzelnen Sozialgerichts ohne bundesweite Bindungskraft. Kämpfen Sie daher weiter um Ihre Rechte!

Mehr Infos unter: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/hartz-iv/

Mietobergrenzen nur bei schlüssigem Konzept

Mietobergrenzen nur bei schlüssigem Konzept!

Viele Kommunen und Landkreise können kein schlüssiges Konzept für ihre Mietobergrenzen vorweisen, so dass nach der Rechtsprechung des BSG häufig die höheren Sätze nach dme Wohngeldgesetz zzgl. 10%-igem Sicherheitszuschlag gelten.

Mehr für die Miete vom Jobcenter/Sozialamt bekommen

hier geht es zu den Mietobergrenzen in Stadt und Landkreis Würzburg sowie denn von Stadt und Landkreis Schweinfurt und Bad Kissingen: Update!!!

Folge der Unschlüssigkeit ist, dass sich dieAngemessenheit der Bruttowarmmieter nun nach den höheren Grenzen des Wohngeldgesetzes bestimmet.

hier mehr zum Wohngeld

Gute Nachricht für Hartz IV-Empfänger, Sozialhilfeempfänger und Vermieter/Wohnungsverwaltungen

Hartz IV-Empfänger sowie Sozialhilfeempfänger sind in diesem Fall nicht mehr auf die Deckelung der Jobcenter bei den KdU (Bruttokaltmiete) beschränkt, können mehrfür sich rausholen und verbessern damit auch ihre Chance bei der Wohnungssuche. Das ist Folge der Tabellenwerte zu § 12 WoGG zuzüglich eines 10 %-igen Sicherheitszuschlages!

Widerspruch oder Überprüfungsantrag einlegen

Oft geben die Kommunen ihre Mietobergrenzen gar nicht ordnungsgemäß in Form eines Stadtratbeschlusses bekannt, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  nicht in Ordnung sein dürfte (vgl. Az.: 5 CN 1.03). Zudem werden häufig Fehler bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkuft gemacht, weil der maßgebliche örtliche Vergleichsraum verkannt wird. Regelmäßig ist das Konzept des Grundsicherungsträgers auch unschlüssig, wenn der Vergleichsgegenstand, also die Art der Wohnungen und deren Standard nicht hinreichend ausdifferenziert wurde, Angaben über den Beobachtungszeitraum oder Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung (insbesondere Quellenangaben) fehlen. Schließlich müssen Angaben über die gezogenen Schlüsse gemacht werden und diese wissenschaftlich nachvollziehbar sein. Dabei hapert es oft. Weder dürfen die Daten veraltet sein, noch darf deren Zusammenstellung unrepräsentativ sein. Im Nachhinein dürfte die Schlüssigkeit ´nur schwerlich herzustellen sein.

Situation  in Mainfranken

In der Stadt Würzburg (Stand: 01.01.2021) etwa steht einer Person in der Regel 50 m² zu, für eine Kaltmiete von 485,00 €. Bei zwei Bewohnern darf die Wohnung 65 m² haben und 600,00 € kosten. Ab einem 3-Personen-Haushalt beträgt das Produkt aus Wohnfläche  75 m² und Bruttokaltmiete/m² 695,00 €.  Für eine vierköpfige Familie gibt es pauschal 90 m² zu einer Nettokaltmiete von 790,00 €. Für Heizung mit Warmwasser gelten in dieser Reihenfolge die folgenden Beträge: 75,00 €/ 97,50 €/ 112,50 €/ 135,00 €.

Im Landkreis Würzburg (Stand 01.01.2023) erhalten Single-Haushalte bis 459 €  für die Bruttokaltmiete, Zwei Personen bekommen 546 € . Drei Personen erhalten max. 613,00   und zu Viert gibt es 765 €. Bei den Heizkosten galten früher die folgenden Zahlen: 129,60,/167,40/199,80/232,20). Die Zahlen für 2023 sind mir hier noch nicht bekannt.

Die Stadt Schweinfurt ist seit letztem Jahr etwas großzügiger zu ihren Sozialhilfeempfängern).  Ein-Personenhaushalt darf bis zu 382,00 € für Bruttokaltmiete ausgeben, Zwei Personen bis zu 476,00 €, drei Personen bis max. 549  und vier Personen bis zu 642 €d. Bei den Heizkosten wird in Schweinfurt danach differenziert, ob mit Heizöl/Holz/Kohle, mit Erdgas oder mit einer Zentralheizung oder anders geheizt wird.

Im Landkreis Schweinfurt gelten seit 01.01.2022 neue Zahlen  Ein-Personen-Haushalte bekommt bis zu 511,30 € für ihre Bruttokaltmiete, ab zwei Köpfen gibt es 629,40 €  und  ab drei Personen 750,90  €. Vier Personen erhalten maximal 874,60. Die Zahlen bei den Heizkosten sind in dieser Reihenfolge 129,60 €/167,40 €, /199,80 €/232,20 €).

In der Stadt Bad Kissingen erhalten Single-Haushalte ab 01.01.2022 für ihre Bruttokaltmiete insgesamt432 €, bei zwei Personen 522,00 EUR, bei drei Familienmitgliedern 621,00 EUR, bei vier Familienmitgliedern 725,00 EUR.

Im Landkreis Bad Kissingen erhalten Single-Haushalte ab 01.01.2022 für ihre Bruttokaltmiete insgesamt 382 €, bei zwei Personen 462,00 EUR, bei drei Personen 552 EUR, bei vierPersonen 643 EUR.Heizkosten:

Für Heizkosten gibt es in Stadt und Landkreis Bad Kissingen in dieser Reihenfolge 72 €/94 €/108 €/129.00 €)

Für Hartz IV-Empfänger stellen sich Folgeprobleme im Falle von Mietmängeln, Betriebskostennachforderungen und beim Umzügen. –> Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht

Eingliederungshilfe für notwendige Begleitung eines pflegebedürftigen Kindes beim Toilettengang

Eingliederungshilfe für Schulbegleiter zum Toilettengang

Das Sozialgericht Würzburg hat in einem Hinweis kürzlich ausgeführt, dass die Träger der Eingliederungshilfe nicht nachrangige Leistungsträger für die Kostenerstattung eines Schulbegleiters zur Unterstützung des Toilettengangs eines pflegebedürftigen Kindes in der der Schule sind (Az.: S 3 SO 26/19 ER). Das SG schloß sich somit der neuen Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 05.03.2019 (Az.: L 11 KR 374/19 ER-B) an, wonach eine Schulbegleitung für die Ermöglichung eines Toilettengang eine Eingliederungsleistung als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung ist.

In Pflegeversicherung nicht berücksichtigungsfähig

Damit stützte sich das Gericht auf die BSG-Rechtsprechung, wonach diese notwendige Begleitung nicht zum berücksichtigungsfähigen Bedarf in der sozialen Pflegeversicherung zählt (u.a. BSG vom 05.08.1999, Az.: B 3 P 1/99 R). Anders als bei Maßnahmen der Behandlungspflege nach § 37 SGB V gelte dies zumindest für Leistungen der Grundpflege während der Schulzeit.

Fehlen des Anus ohne Fistel

Im konkreten Fall lag beim minderjährigen Kläger ein angeborenes Fehlen des Anus ohne Fistel vor. Im Vergleichswege verpflichtete sich der beklagte Bezirk für die Dauer von zwei Zeitstunden pro Schultag die Kosten für eine Schulbegleitung zu übernehmen.

Hier geht es zu unserem Ressort Sozialrecht

 

 

 

SG Würzburg: Betreuungsgeld ist anzurechnen

Betreuungsgeld ist auf Hartz IV anzurechnen

Eine harte Entscheidung gegen Bezieherinnen von Betreuungsgeld hat das SG Würzburg jüngst getroffen. Nach der Entscheidung vom 15.05.19 (Az.: S 18 AS 455/18) ist Betreuungsgeld auf die SGB II-Regelleistung anzurechnen.

Das SG Würzburg stellt sich damit hinter die Entscheidung des SG München und wendet sich gegen das SG Bayreuth. Die Berufung gegen die noch nicht rechtskräftige Entscheidung wurde zugelassen.

Das SG Würzburg rechtfertigt seine familienfeindliche Entscheidung damit, dass die Zweckbestimmung im Bayerischen Betreuungsgeldgesetz nicht eindeutig genug sei. Zwar sei die Gesundheitsprävention, insbesondere Leistungen der Früherkennung, explizit als Gesetzesziel angegeben, jedoch sei deren Finanzierung über die Leistungen der kassenärztlichen Versorgung gesichert.

Nach Auffassung der Kammer liege hier eine gemischte Leistung vor, die aber nicht klar trennbar sei, so dass die Anrechnung voll (!) erfolgen müsse. Anders als das SG Bayreuth, dass den § 10 V BEEG als “verunglückte Vorschrift” bezeichnete, sah die Richterin dessen Wortlaut klar, dass nämlich das Betreuungsgeld anzurechnen sei. Dafür spreche, dass dessen Höhe nicht an vorher bezogenes Einkomen und dessen Höhe anknüpfe.

Auch das Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums werde durch die Anrechnung nicht betroffen, war sich die Richterin sicher, weil die Regelleistung nach dem SGB II alleine ausreiche, um auch diese Bedarfslage hier abzudecken.

 

Update: Mieterhöhung bei fehlendem Mietspiegel tückenreich

Austausch der Einbauküche rechtfertigt nicht immer Mieterhöhung

Im Mietrecht kann der Vermieter die Miete nicht einfach willkürlich erhöhen. Ist die Miete vor 15 Monaten erhöht werden, kann eine Erhöhung der Miete nach § 558 II 1 BGB grds. nicht erfolgen. Für Vermieter ist die Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete zudem mit vielen Tücken versehen, insbesondere wenn kein qualifizierter Mietspiegel für die Gemeinde vorhanden ist, in der die Wohnung liegt.

Vergleichsmiete bei fehlendem qualifiziertem Mietspiegel schwer ermittelbar

In letzterem Fall sind zum Beweis der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete vom Vermieter mindestens drei Mietwohnungen mit genauer Adressbezeichnung zu nennen, die in Lage, Ausstattung – einschließlich der energetischen –  und Größe vergleichbar sind. Was die Ausstattung angeht, kommt es allein auf den objektiven Wohnwert der, dem Mieter zur Verfügung gestellten Wohnung an und nicht auf irgendwelche Vereinbarungen im Mietvertrag mit denen der Wohnwert oder die Beschaffenheit der Wohnung abweichend von den objektiven Verhältnissen festgelegt wird (so BGH-Urteil vom 24.10.2018, Az.: VIII ZR 52/18).

Vereinbarungen im Mietvertrag

Tipp vom Anwalt: Solche Vereinbarungen im Mietvertrag können sogar nach § 558 VI BGB unwirksam sein! Vermieter können aber bei einer konkreten Mieterhöhung mit dem Mieter abweichend vom § 558 BGB eine Vereinbarung treffen!

So drang der Vermieter, der nach § 558 BGB die Zustimmung seines Mieters zu einer Mieterhöhung verlangte, nicht durch, als er er die Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete um mehr als 90 € unter anderem mit der nun vorhandenen modernen Küchenausstattung begründete. Zuvor hatten die Mietparteien vereinbart, der MIeter dürfe die bereits eingebaute Einbauküche nach Einzug auf eigene Kosten durch eine neue ersetzen. Die alte Küche wurde vom Sohn des Vermieter übrigens verkauft, wobei der Mieter am Erlös nicht beteiligt wurde.

Tipp vom Anwalt: Nach einer neuen Entscheidung des BGH vom 13.02.2019 hat ein einfacher Mietspiegel, wie er etwa für die Stadt Schweinfurt kürzlich neu aufgelegt wurde, zumindest eine Indizwirkung für die Ermittlung der ortsüblichen Miete (VIII ZR 245/17).

Update: Neue BGH-Entscheidung zur Berechnung der Kappungsgrenze

Wenn die Berechtigung zur Mieterhöhung feststeht, dann kann in der Höhe immer noch die Kappungsverordnung dem Erhöhungsverlangen des Vermieters entgegenstehen. Nach einer neue BGH-Entscheidung ist dabei von der vertraglich vereinbarten Ausgangsmiete auszugehen, auch wenn wegen eines vorhandenen unbehebbaren Mietmangels der Mieter die Miete mindern kann (hier zu geringe Wohnfläche). Dabei ist es unerheblich, dass der Mangel unbehebbar war (VIII ZR 33/18).

Tipp vom Anwalt: Bei späteren Änderungen, wie im Falle von Mieterhöhungen nach §§ 557 oder 558 BGB tritt an die Stelle der Ausgangsmiete aber die zuletzt vereinbarte Miete.

Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/mietrecht/

Miete zurückbehalten bei Mietmängeln

Das Zurückbehaltungsrecht auf Miete bei Mängeln

Eine interessante Entscheidung für von Schimmel beeinträchtige Mieter hat BGH kürzlich getroffen (Az.: VIII ZR 250/17).

Dort hatte eine Mieter wegen Schimmel die Miete um 20 % gemindert und zusätzlich über sieben Monate hinweg 60 % der Bruttomiete über das Zurückhaltungsrecht einbehalten.

Recht nur mit Bedacht ausüben

Tipp vom Anwalt: Dieses Leistungsverweigerungsrecht unterliegt grundsätzlich einer zeitlichen und betragsmäßigen Begrenzung. Insbesondere muss der insgesamt einbehaltenen Betrag in angemessener Relationen zur Bedeutung des Mangels stehen. Lassen Sie sich bei der Ausübung des Zurückhaltungsrechts, wie auch des Minderungsrechts, in jedem Fall anwaltlich beraten.

Vermieter reagierte mit Kündigung

Der Vermieter reagierte hierauf mit mehreren Kündigungen, zuletzt während des Prozesses.  Die Vorinstanz sah seine letzte  Kündigung wegen dem doch erheblichen Zahlungsrückstand von über 5000 € als gerechtfertigt an, zumal der Vermieter die Auffassung vertrat den Schimmelpilzbefall Ende Juli 2016 vollständig beseitigt zu haben. Nachdem das Amtsgericht zunächst nur der Zahlungsklage weitgehend stattgegeben hatte, verfolgte der Vermieter sein Räumungsbegehren erfolgreich in der Berufungsinstanz weiter. Erst der Bundesgerichtshof schließlich machte dem Vermieter aus Nordrhein-Westfalen einen Strich durch die Rechnung.

Vermieter behauptete Mangelbeseitigung

Durch die erfolgreiche Zahlungsklage sei nicht bewiesen, dass im Zeitpunkt der letzten Kündigung ein Zahlungsrückstand von zwei Monatsmieten im Verzug aufgelaufen ist, so die Richter vom Bundesgerichtshof. AndVers als die Vorinstanz meinten Sie, dass das Zurückhaltungsrecht nicht durch die bloße Behauptung des Vermieters, dass der Mangel beseitigt sei, seinen Zweck verfehlt habe.

Tipp vom Anwalt: Das Zurückbehaltungsrecht kann aber bei der tatsächlichen Beseitigung des Mangels enden, genau wie, wenn der Mieter dem Vermieter beziehungsweise den von ihm zur Prüfung oder Beseitigung der Mängel beauftragten Personen den Zutritt zur Wohnung nicht gewährt oder sonstwie die Duldung der Mangelbeseitigung verweigert.

Update: Neue BGH-Entscheidung

Nach einer brandneuen BGH-Entscheidung vom 10.04.2019 (Az.: VIII ZR 12/18) berechtigt auch der Umstand, dass noch ein Gerichtsverfahren läuft den Mieter nicht die Mangelbeseitigung zu verweigern, weil ansonsten Beweisvereitelung drohe.  Es könne nämlich durch die Anfertigung von Lichtbildern oder durch das Zeugnis der mit der Mängelbeseitigung befassten Handwerker die Mängel auch im Nachhinein noch bewiesen werden.

Zurückbehaltungsrecht als Druckmittel

Hier jedenfalls reicht die bloße Behauptung des Vermieters den Schimmel beseitigt zu haben nicht aus das Zurückbehaltungsrecht als Druckmittel entfallen zu lassen. Es würde sonst völlig entwertet, meinten die BGH-Richter.

Beweislast für Vorliegen des Mangels

Tipp vom Anwalt: Nach den Entscheidungsgründen trägt der Mieter die Beweislast das im Zeitpunkt der Minderung, der Mangel noch vorliegt. Lässt sich dies und die Ursache des Schimmels durch den Vermieter nicht beweisen, wird der gesamte zurückbehaltene Betrag sofort zu nach Zahlung fällig, so dass ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Rückstand aufläuft! Lassen Sie sich daher auf jeden Fall anwaltlich beraten, bevor sie beginnen zu mindern oder das Zurückbehaltungsrecht zu nutzen.

WEG-Mitglieder können Kurzzeitvermietung nicht einseitig verbieten

Kurzzeitvermietung generell zulässig

Eine interessante Entscheidung im WEG-Recht hat der BGH kürzlich getroffen, der  Privatwohnungsanbieter, wie Airbnb, erfreuen dürfte: Der Bundesgerichtshof erklärten es für rechtswidrig, dass eine WEG-Gemeinschaft mehrheitlich gegen die Stimme des betroffenen Eigentümers beschlossen hatte, dass eines ihrer Mitglieder seine Wohnung nicht an kurzfristige Feriengäste vermieten darf.

Rascher Wechsel der Gäste störte den Nachbarn

Die anderen WEG-Mitglieder fühlen sich von dem raschen Wechsel der Gäste gestört und beschlossen über einer  Öffnungsklausel in der Teilungserklärung mehrheitlich, dass Kurzzeitvermietung in ihrem Gebäude nicht erlaubt  und zudem immer anzuzeigen sei. Zu Unrecht, wie der BGH jetzt entschied, denn der Beschluss greife in die unentziehbaren Rechte des WEG-Mitglieds ein. Es handele sich nicht um eine eine reine Gebrauchsänderung, sondern der Zweck des Eigentums werde substanziell verändert, was auch Einfluss auf dessen Wert habe.

Überbelegung, Hausordnungsverstöße und Lärm durch Feriengäste durch WEG angreifbar

Tipp vom Anwalt: Andere WEG-Mitglieder sind denen mit der Kurzzeitvermietung einhergehenden Störungen auch unter Geltung des neuen Rechts aber nicht völlig schutzlos ausgesetzt, sondern können gegen Überbelegung, fortwährende Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigung durch Feriengäste vorgehen. Direkt gegen diese oder natürlich gegen den Eigentümer der Wohnung. Im letzteren Fall, sofern ausschließlich das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, muss die WEG gegen den Störer vorgehen. Ist auch das Sondereigentum gestört, dann kann nach § 14 II Nr. 2 WEG auch unmittelbar gegen den Eigentümer vorgegangen werden.

Anzeigepflicht von Kurzzeitvermietungen zulässig

Andere Situation aber hinsichtlich einer Anzeigepflicht: Grundsätzlich als zulässig sahen die BGH-Richter die Verpflichtung des Eigentümers, die Kurzzeitvermietung jeweils der Verwaltung anzeigen zu müssen, an, da dies nur die Verwaltung des Eigentums beträfe.

Hier geht es zu unserer Seite WEG-Recht

Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar, sondern informiert über eine Einzelfallentscheidung des BGH!  Lassen Sie sich daher auf jeden Fall immer individuell anwaltlich beraten.

Hartz IV trotz Knast

Hartz IV

Ein Strafgefangener, dessen Haft aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes und Kur unterbrochen wird, hat unter Umständen einen Anspruch auf Hartz IV. Dabei bleibt das Jobcenter grundsätzlich zuständig, wo der Gefangene seine Regelmaßvollzug verbüßt, auch wenn seine Krankheit für längere Zeit in einem anderen Jobcenterbezirk behandelt wird (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 26.02.2019, Az.: L 11 AS 474/17).

Arbeitsunfall durch Lautsprecherdurchsage?

Verletztenrente wegen Tinnitus?

Ein über 60-Jähriger Mitarbeiter eines Möbelhauses gab einen Tinnitus als Folge einer Lautsprecherdurchsage einer Kollegin an. Er begehrte neben Ersatz der Heilbehandlungskosten Verletztengeld und Verletzenrente.

Schaden des Hörapparates

Erfolglos, wie jetzt das SG Dortmund entschied (Az.: S 17 U 1169/16). Nach lebensnaher Würdigung sei der Schaden des Hörapparats nicht auf die Lautsprecheranlage zurückzuführen.

Sie haben Fragen?  09721/7934890

Mit Fortgeltungsbeschluss Blockaden aufheben

Fortgeltungsbeschluss verhindert Finanzierungslücken

In Wohnungseigentümergemeinschaften kommt es nicht selten zu solch schlimmen Streit,  dass einzelne Gruppen Beschlüsse blockieren und es so zu Liquiditätslücken im Wirtschaftsbetrieb kommt, etwa wenn für das folgende Kalenderjahr nicht rechtzeitig ein Wirtschaftsplan aufgestellt werden kann.

Bisheriger Wirtschaftsplan gilt fort

Der Beschluss, dass der bisherige Wirtschaftsplan so lange Gültigkeit hat bis ein neuer aufgestellt ist, ist laut BGH zulässig (BGH-Urteil vom 14.12.2019, Az.: V ZR 2/18). Denn die durch Auslaufen des alten Wirtschaftsplans ansonsten entstehende Liquiditätslücke können nur vermeiden werden, wenn der aktuelle Wirtschaftsplan – der ja die Grundlage für die Vorschusspflicht der Wohnungseigentümer bildet – weitergilt. Der BGH hat nunmehr festgestellt, dass ein solcher Beschluss nicht mal zeitlich zu befristen ist.

Tipp vom Anwalt: Die einzelnen Wohnungseigentümer können freilich ihren Anspruch auf die Aufstellung eines neuen Wirtschaftsplans gem. § 43 WEG gerichtlich durchsetzen.

Hier geht es zu unserem Ressort WEG-Recht

Hinweis: Der BGH hat jedoch nicht explizit klargestellt, dass diese Beschlüsse nicht anfechtbar sind!