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Rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten gegen Änderungsbescheide

Änderungsbescheide beerdigen die sie ändernden Bescheide –  aber manchmal nicht auf Dauer!

In einem vorherigen Beitrag habe ich mich den vorläufigen Bescheiden gewidmet, die Unübersichtlichkeit kann durch den Erlass von Änderungsbescheiden aber noch weiter ansteigen! Auch mit Inkrafttreten des Bürgergeldgesetzes ist die Lage für Grundsicherungsempfänger oftmals unübersichtlich und verwirrend.

Änderung oder Aufhebung?

Ein Änderungsbescheid ist ein Bescheid, der einen Leistungsbescheid oder anderen -bescheid ändert. Freilich kann er auch einen vorläufigen Bescheid ändern. Setzt er aber Leistungen herab, dann ist er eigentlich ein Aufhebungsbescheid und seine Rechtmäßigkeit bestimmt sich nach den §§ 45 ff. SGB X.

Vor oder nach dem Widerspruch? Das ist hier die Frage!

Ergeht der Änderungsbescheid nach Einlegung eines Widerspruches, dann wird der Änderungsbescheid automatisch Teil des Widerspruchsverfahrens. Ergeht er früher, dann ist es hochumstritten, ob gegen ihn ein zusätzlicher eigener Widerspruch möglich ist (offengelassen bei LSG Nordrhein-Westfalen vom 11.11.2021, Az.: L 19 AS 1358/21 B).

Bescheide erledigen und wiederaufleben lassen

Der Erlass eines Änderungsbescheides kann auch auch dazu führen, dass sich ein vorheriger Bescheid erledigt i.S.d. § 39 II SGB X. Allerdings kann, wenn ein Widerspruch gegen einen Änderungsbescheid erfolgreich ist, dieser erledigte Bescheid wieder wirksam wird (vgl. BSG vom 21.02.1985, Az.: 11 RA 2/84).

Angreifen ja, aber wieviele?

Wenn man einen Änderungsbescheid also angreift, wird man wohl nur dessen Inhalt angreifen können, nicht den Inhalt des Bescheides, den er abändert. Greift man Abänderung und davor ergangenen Leistungsbescheid gleichzeitig an, werden zwei Widerspruchsverfahren laufen.

Der Ball liegt beim Jobcenter…

Offen bleibt, ob dann, wenn der ursprüngliche Leistungsbescheid wieder wirksam wird, eine neue Anfechtungsfrist anläuft (wohl eher nicht). Richtigerweise müsste das  Jobcenter das Widerspruchsverfahren gegen den (erledigten) Leistungsbescheid aussetzen, solange der Änderungsbescheid noch nicht bestandskräftig ist. Lehnt es diesen Widerspruch vorher ab, dann wäre dies unzulässig, weil das Verfahren gegen den Änderungsbescheid vorgreiflich ist.

Tipp vom Anwalt: Man kann bei den vielen Bescheiden leicht den Überblick verlieren. Das ist beim neuen Bürgergeld nicht anders als früher bei Hartz IV.  Darum wenden Sie sich bei Zweifeln an einen Fachanwalt für Sozialrecht oder zumindest aufs Bürgergeld spezialisierten Anwalt.

Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV und Bürgergeld

Ein Update: Vorläufige Bescheide verwirrend und gefährlich

Vorläufige Bescheide

Vorläufige Bescheide sind in § 41a SGB II geregelt. Wenn Unklarheiten über das Bestehen des ALG II-Anspruchs oder dessen Höhe, etwa wegen unregelmäßigen Einkommen oder sich verändernden Betriebskostenvorschüssen für Ihre Wohnung, bestehen, dann wird das Jobcenter einen vorläufigen Bescheid erlassen.

Schwankendes Einkommen

Das Wort “vorläufig” muss dann aber irgendwo im Bescheid auftauchen. Dieser vorläufige Bescheid wird dann in der Regel mit Ablauf eines Jahres nach Ende des Bewilligungszeitraums automatisch bestandskräftig, wenn sie nicht vorher die Festsetzung beantragen. Das heißt, dass sie trotz ihrer Vorläufigkeit nicht etwa platzen wie Seifenblasen auf dem Bild, sondern ernsthafte Konsequenzen haben können. Problematisch für Hartz IV-Empfänger ist u.a., dass die Jobcenter Überzahlungen nach Abs. 6 erleichtert zurückverlangen können (anders als bei “normalen” Bescheiden).

Verschlechterung mit dem Bürgergeld

Geht das Jobcenter in seiner Prognose des zukünftigen Einkommens offensichtlich von zuviel aus, dann wehren sie sich mit dem Widerspruch. Auch die Annahme eines “Sicherheitszuschlages” durch das Jobcenter ist hier unzulässig. Mit dem Bürgergeld ist eine Verschlechterung eingetreten: Die Jobcenter müssen – unbeschadet des Grundfreibetrages von zumeist 100 € – bei Aufstockern die Erwerbstätigenfreibeträge nicht mehr gewähren.

Tipp: Legen Sie Widerspruch gegen den vorläufigen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zugang ein. Haben sie diese Frist vertüdelt, kann man noch mit einem Überprüfungsantrag gegen den vorläufigen Bescheid vorgehen. Im Einzelfall, inbesondere wenn der Leistungszeitraum des vorläufigen in die Zukunft reicht, kkann es sinnvoll sein einen einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht zu ersuchen

Wann endgültige Festsetzung beantragen?

Tipp vom Anwalt: Bis zum April 2021 wurde dann aus allen Einkommen, auch Kindergeld etc., ein Durchschnittseinkommen gebildet. Stellen Sie hier Antrag auf endgültige Festsetzung, insbesondere wenn Ihre Werbungskosten (z.B. Fahrtkosten) 100,00 € übersteigen und Sie mehr als 400,00 € im Monat verdienen. Die bloße Einreichung von Lohnabrechnungen gilt jedenfalls noch nicht als Antrag auf abschließende Festsetzung.

Rechtsbehelfe richtig wählen

Nennt der vorläufige Bescheid nicht den Grund des Vorläufigkeitsvorbehalts sollte er auch zudem mit dem Widerspruch angegriffen werden, denn er setzt Sie – siehe oben – in eine schlechtere Position. Zieht aus einer BG das Mitglied aus, aufgrund dessen der die Vorläufigkeit erging, dann ist der vorläufige Bescheid aufzuheben und ein neuer ohne diese Vorläufigkeit zu erlassen.

Achtung: Nach Ablauf eines Jahres nach dem Ende des Bewilligungszeitraums können Sie den vorläufigen Bescheid wohl nicht mal mehr über den Überprüfungsbescheid nach § 44 SGB X angreifen. Allerdings können sie den abschließenden Bescheid wohl bis vier Jahre nach Ende des Bewilligungszeitraums überprüfen lassen (LSG NRW vom 28.05.2021, Az.: L 21 AS 1280/20; noch nicht rechtskräftig).

Sich gegen Erstattungsforderungen erfolgreich wehren

Einen interessanten Fall stellte daher das BSG-Urteil vom 29. 4. 2015  dar (Az.:  B 14 AS 31/14 R): Dort wurde der Mutter zweier minderjähriger Töchter zunächst Hartz IV wegen möglichen Unterhaltszahlungen des Vaters vorläufig bewilligt. Nach Vorlage der Nachweise der Kontobelege zu den Unterhaltszahlungen forderte  das Jobcenter die Überzahlungen nach § 48 I 2 Nr. 3 SGB X zurück. Zuvor war aber keine abschließende Entscheidung über den vorläufigen Bescheid ergangen, die  den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebte und die begehrte Leistung als die “zustehende Leistung” endgültig zuerkannt. Daher war die Aufhebung nach dem BSG rechtswidrig.

Änderungsbescheid statt endgültiger Festsetzung?

Leider verliert man im Dickicht vom vorläufigen Bescheiden, Aufhebungsbescheiden und endgültigen Bescheiden manchmal den Überblick, was etwa die BSG-Entscheidung vom 05.07.2017 zeigte (Az.: B 14 AS 36/16 R). Dort bekam der Hartz IV-Empfänger wegen der noch offenen Höhe des Heizkostenabschlag zulässigerweise nur einen vorläufigen Bescheid. Dagegen legte der Hartz IV-Empfänger Widerspruch ein. Als später, nach Kenntnis der Höhe der Heizkostenvorauszahlung durch das Jobcenter, statt endgültiger Festsetzung ein Änderungsbescheid erging, legte der Hartz IV-Empfänger auch hiergegen – jedoch nicht rechtzeitig –  Widerspruch ein.

Lesen Sie hier mehr zur Rechtslage bei Änderungsbescheiden

Das erste Widerspruchsverfahren hatte sich nach Ansicht des Jobcenters jedoch mit dem Erlass des Änderungsbescheides als endgültige Festsetzung erledigt, wogegen sich der Hartz IV-Empfänger aber mit der Klage vorm Sozialgericht wehrte. Interessanterweise wurde nämlich auch der Änderungsbescheid über § 86 SGG Teil des ersten Widerspruchsverfahrens. Jedoch hatte sich der erste Widerspruch in der Tat mit Erlass des Änderungsbescheides, der als endgültige Entscheidung ausgelegt werden konnte, erledigt!

Tipp vom Anwalt: Die abschließende Festsetzung ist, wohl anders als der vorläufige Bescheid, auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist noch mindestens ein Jahr mit dem Überprüfungsantrag anfechtbar.

Anwaltsstrategien bei schwankendem Einkommen

Hartz IV-Aufstocker sehen sich oft mit vorläufigen Bescheiden konfrontiert. Die Frage, ob hier die endgültige Festsetzung für jeden Monat verlangt werden sollte oder die Bildung des Durchschnittseinkommens akzeptiert werden sollte, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Es gibt nur eine grobe Faustregel, dass die Person, die einmal über 1.000 € und sonst darunter verdient mit dem Durchschnittseinkommen besser fährt und die Person, die  mal über 450 € verdient und ansonsten darunter mit der monatlichen Festsetzung besser fährt (wegen der Freibeträge). Eine interessante Entscheidung das das BSG kürzlich getroffen. Demnach ist das Gesamteinkommen, zusammen mit den festen Teilen, wie Kindergeld oder Unerhaltszahlungen, auf den gesamten Bewilligungszeitraum zu verteilen, auch wenn nur in einem Teil der Monate gearbeitet wird (BSG vom 11.07.2019, Az.: B 14 AS 44/18 R).

Achtung: Mit dem Bürgergeld wurde eine Bagatellgrenze von 50 € bei Rückfoerderungen eingeführt, vgl. § 40 I 3 SGB II n.F. Bis zu dieser Grenze dürfen die Jobcenter Gelder nicht zurückfordern.

Mehr Fragen? Hier geht es zu unserem Ressort Hartz IV

Die Folgen verweigerter Mitwirkung

Neues BSG-Urteil: Ausnahme vom Kopfteilungsprinzip bei verweigerter Mitwirkung

Unterkunftskosten bei Hartz IV

Ein häufiger Streitpunkt zwischen Hartz IV-Empfängern und den Jobcentern ist die angemessene Höhe der Unterkunftskosten (lesen Sie hierzu mehr!

Das Kopfteilungsprinzip und seine Ausnahmen

Doch auch wenn hierzu Einigkeit besteht, kann es Probleme geben, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht nur vorübergehend abwesend ist, wenn es eine (Voll-)Sanktionierung gegen ihn gibt oder Mietschulden als einmalige Leistung für die Sicherung der Unterkunft von der Behörde gezahlt werden (zu letzterem: BSG vom 18.11.2014, Az.: B 4 AS 3/14 R). Jetzt hatte das BSG über einen Fall zu entscheiden, wo die Individualansprüche der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht erhöht wurde, nachdem einem Hartz IV-Empfänger die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I gesperrt wurden.

Die Verletzung von Mitwirkungspflichten eines BG-Mitglieds nach § 66 I SGB I

Zurecht, wie das Bundessozialgericht jetzt feststellte (BSG vom 14.2.2018, Az.: B 14 AS 17/17 R). Die Bedarfsgemeinschaft als hier nichtfunktionierende Einstandsgemeinschaft müsse ihr nichtmitwirkendes Mitglied in die Verantwortung nehmen oder die Konsequenzen seines Verhaltens tragen. Mit ihrer Rüge der Verletzung von § 22 SGB II drangen die Kläger daher nicht durch.

Achtung: Nach dem SG Gießen vom 06.09.2021 (Az.: S 22 AS 214/21 ER) darf keine vorläufige Zahlungseinstellung bei fehlender Mitwirkung vom Jobcenter verhängt werden.

Tipp vom Anwalt: Haben Sie ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt? Drängen Sie auf eine Auflösung der Bedarfsgemeinschaft. Anders ist dies aber bei Verhängung einer Sanktion gegen ein BG-Mitglied, hier darf die Kopfanteilsmethode nach dem BSG nicht angewandt werden (Urteil vom 23.05.2013, Az.: B 4 AS 67/12 R).

Dieser Beitrag ist keine Rechtsberatung, sondern dient der Vorstellung der Rechtsberatungsdienstleistungen der Kanzlei Niggl, Lamprecht & Kollegen. Lassen Sie sich daher in jedem Fall individuell von RA Christopher Richter, LL.M.Eur.  beraten. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Infos wird nicht gehaftet. Mehr Infos hier: Hartz IV

Wann verjährt eine Jobcenter-Forderung?

Streit gibt es immer wieder mit Jobcentern, ob diese aus älteren Forderungen Forderungen noch gegen Hartz IV-Empfängern vorgehen können.

Oft meldet sich zunächst die BA Recklinghausen als der Inkassoservice der Jobcenter und fordert die Altschulden ein. Oft erinnern sich die Hartz IV-Empfänger gar nicht mehr an die Bescheide und die Umstände damals, weil einfach zu viel Zeit vergangen ist.

Generell ist es so – so hat es das Bundessozialgericht kürzlich klargestellt (BGS-Urteil vom 04.03.2021, Az.: B 11 AL 5/20 R) – dass Erstattungsforderungen grundsätzlich 4 Jahre zum Jahresende gem. § 50 II SGB X, nachdem sie fällig geworden sind, verjähren. Stand heute wäre also ein Erstattungsbescheid aus dem Jahr 2018 nicht mehr vollstreckbar, wenn der Hartz IV-Empfänger die Einrede der Verjährung erhebt. Dasselbe gilt bezüglich abschließenden Festsetzungen, die vier nache nach ihrer Unanfechtbarkeit in der Regel verjähren (SG Berlin vom 19.11.2021, Az.: S 129 AS 4900/20 und LSG Berlin-Brandenburg vom 30.03.2022, L 9 AS 217/22 B ER).

Im Einzelfall kann die Verjährung aber auch mal 30 Jahre gem. § 52 SGB X betragen, nämlich dann, wenn nach der Fälligkeit noch ein sogenannter Durchsetzungsverwaltungsakt gefolgt ist. Also etwa ein Aufrechnungsbescheid oder Maßnahmen der Zwangsvollstreckung. Die Aufforderung im Erstattungsbescheid innerhalb einer bestimmten Frist zurückzuzahlen oder eine spätere Mahnung sind keine derartigen Durchsetzungsverwaltungsakte!

Tipp vom Anwalt: Besteht Streit zwischen dem Jobcenter und dem Hilfesuchenden über die Frage der Verjährung kann eine Feststellungsklage vorm Sozialgericht eine Entscheidung bringen. Ein Schreiben, in dem die Behörde ihre Rechtsauffassung über das Nichtvorliegen einer Verjährung äußert, wird sich kaum als anfechtbarer Verwaltungsakt interpretieren lassen.

Ist die Verjährungseinrede wirksam erhoben, dann ist die Vollstreckung dieser Forderung ausgeschlossen nach § 14 VwVG (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 6.04.2022, Az.: L 8 AS 18/22 B ER).

Tipp vom Anwalt: Wehren sich sich mit der Feststellungsklage oder – wenn Vollstreckung droht – mittels Eilantrag gegen die Jobcenter-Altorderung.

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Zahlungen der Krankenkasse anrechnungsfrei?

Nach dem Sozialgesetzbuch sind alle Einnahmen von Hartz IV-Empfängern anrechnungsfrei. Es bleibt aber freilich noch zu klären, was eine Einnahme ist. Oder im Umkehrschluss: Nicht jeder Geldeingang ist eine Einnahme.

Kieferorthopädie und Gesundheitskurse

Für Erstattung von Zuzahlungen bei kieferorthopädischen Behandlungen oder für bestimmte Kurse zur gesundheitlichen Förderung durch die gesetzliche Krankenkasse ist dies bereits gerichtlich geklärt (vgl. etwa SG Neuruppin vom 02.11.2010, Az.: S 17 AS 1204/09).

Da die Erstattung durch die Krankenkasse in diesem Fall zweckgebunden ist, nämlich entweder aus einer Norm, wie § 29 SGB V (kieferorthopädische Behandlung) oder aus der Ausgleichsfunktion der Zahlung (Gesundheitskurs) ist eine Anrechnung nach § 11 III Nr. 1a SGB II ausgeschlossen.

Rückzahlungen bei Überschreiten der Belastungsgrenze

Diesen Grundsätzen folgend müssten auch die Erstattungszahlungen bei Überschreitung der jährlichen Belastungsgrenze (i.d.R. 2 % des Regelbedarfs der BG bzw. 1 % bei chronisch Kranken). Alleinstehende Hartz IV-Empfänger haben also einen Anspruch auf Erstattung, wenn die Kosten der Zuzahlung 53, 51 € bzw. 107,1 € übersteigt (Stand 2021). Auch diese rückgezahlten Gelder dürften anrechnungsfrei sein, zumal sie auch eine reine unschädliche Vermögensumschichtung darstellen dürften wegen der Vorleistungspflicht.

Kostenloses Webinar am 14.07: Trennung – Scheidung: Wenn das Einkommen nicht mehr reicht, auf welche sozialstaatlichen Leistungen habe ich Anspruch?

Hat in der Ehe das Einkommen für die Familie gerade noch gereicht, so ist dies bei Trennung nicht mehr der Fall. Schließlich sind jetzt zwei Haushalte zu finanzieren. Steigende Kosten türmen sich auf für zwei Wohnungen, für notwendige Anschaffungen. Das Fass zum Überlaufen bringen schließlich Schulden, die in der Ehe aufgelaufen sind. Wer zahlt die Raten ab? Oft stellt sich bei Betroffenen zu spät die Erkenntnis ein, dass man Hilfe braucht. An wen können sich Betroffene wenden, wenn sie nicht mehr weiter wissen? Welche sozialstaatlichen Hilfen können in welcher Situation beantragt werden?

Auf diese Fragen erhalten Betroffene Information, Rat und Tipps am Mittwoch, 14.07.2021 um 19.00 Uhr. Es referiert Christopher Richter, Fachanwalt für Sozialrecht. Per Chat können Betroffene Fragen stellen. Die Veranstaltung ist kostenfrei.

Eine Anmeldung per Mail ist erforderlich: j.linsler@isuv.de
Nach der Anmeldung erhalten Sie einen LINK, auf den sie nur klicken müssen, um in den Konferenzraum zu gelangen.

Weitere Informationen unter Tel. 0170 4589571 bei Josef Linsler sowie über die Homepage www.isuv.de

Erleichterter Zugang zur Grundsicherung in der Praxis

Es geht in diesem Beitrag ausschließlich darum zu zeigen, dass eine Kluft besteht zwischen den vollmundigen Worten von Worten von Seiten der Politik zu helfen, der Verwaltungspraxis der Jobcenter vor Ort gegenüber ihren neuen völlig unverschuldeten Hilfesuchenden und den ersten Erkenntnissen aus aktuellen Gerichtsprozessen in meiner Praxis als Hartz IV-Anwalt. Vorweggenommen: Es ist ernüchternd!

„Bazooka“ rausgeholt?

Der Bundesfinanzminister wollte gar die „Bazooka“ rausholen und alle Politiker unbürokratisch den Selbständigen helfen, die durch den Lockdown unverschuldet in Not geraten sind. In Bayern sollte mit der Kombination aus staatlichen Überbrückungshilfen[1] und einem erleichterten Zugang zum Hartz IV[2] den Unternehmen durch Übernahme von Fixkosten zum einen geholfen werden zu überleben und zum zweiten zugleich der Lebensunterhalt Selbständiger gesichert werden, dass diese nicht ihre Altersvorsorge antasten müssen. Dazu sollten Vermögen bis 60.000 € nicht mehr überprüft werden. Soweit so gut. Gut gemacht Bundesregierung, möchte man sagen.

§ 67 SGB II n.F. nur eine Erleichterung für die Jobcenter?

Nun gibt es einzelne Jobcenter, die den von der Bundesagentur zur Verfügung gestellten verkürzten Antrag gar nicht benutzen. Zurecht, wie ein Hinweis einer am Sozialgericht tätigen Richterin (Az. S 16 AS 310/20): durchblicken lässt, denn dieser Antrag soll also „nur eine Erleichterung für die Jobcenter“ darstellen, nicht für die neuen Hilfebedürftigen. Da stockt dem Hartz IV-Anwalt der Atem, denn bisher ging die Öffentlichkeit davon aus, dass die neue Schicht der Hilfebedürftigen, die erst durch die Zwangsmaßnahmen der Regierung in ihrer Existenz gefährdet wurde, besonders privilegiert sein sollte. Im Gegenteil. „Hartz IV soll nur denen helfen, die sich selbst nicht helfen können. Der Rest muss erstmal selbst schauen, wie er zurechtkommt“, betonte die Richterin.

Neuer Freibetrag für Solo-Selbständige angekündigt

Und wie ist es mit dem Schutz des Vermögens der Selbständigen? Ist nun Vermögen, dass auf den ersten Blick nicht eindeutig der Altersvorsorge dient, auch geschützt? Nein, betonte die Sozialrichterin weiter. Wenn sich das Jobcenter entschließt in die Vermögensprüfung einzutreten, dann beträgt der geschützte Bereich nicht 60.000 €, sondern weniger, möglicherweise sogar nur etwa rund 10.000 € für einen Alleinstehenden Mitte der 40er. Auch ist verblüffend, dass die von Seiten der Politik mehrfach kommunizierte zusätzliche Freibetrag von 8.000 €/Jahr der Selbständigkeit[3] für das Gericht keine Rolle spielte. Das Gericht interessierte konsequenterweise nicht, was die Politiker von Heil über Altmaier bis zu Scholz gesagt haben, denn in Deutschland, wo eine Gewaltenteilung besteht, muss grundsätzlich erstmal alles durch das Parlament beschlossen werden. Die Medien, die über die großen Ankündigungen aus der Politik berichtet haben, muss man vorhalten im Nachgang nicht nachgeprüft zu haben, ob das umgesetzt wurde oder nur heiße Luft geblieben ist. Insoweit müssen sich Teile der Medien eine Hofberichterstattung vorwerfen lassen und die Politiker, dass sie bei den Menschen falsche Vorstellungen (bis zum heutigen Tage) geweckt haben.

Erleichterter Zugang nicht vor den Sozialgerichten

Dass Hilfebedürftige weder von den Jobcentern eine erleichterte Behandlung bekommen noch vom Sozialgericht im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens erlebte auch ein Soloselbständiger aus dem Raum Herford vor dem SG Detmold (S 9 AS 11/21 ER). Dort ließ sich das Gericht – auch für seine Frau und die Kinder – genau Rechnung legen. Die angeblich erleichterte Prüfung für die neuen Hilfebedürftigen aufgrund der Corona bedingten Wirtschaftskrise wurde nämlich nicht auf die Sozialgerichte erstreckt.

Kluft zwischen Ankündigungen und der Realität

So gibt es eine Menge falsche Vorstellungen, nicht umgesetzte Versprechungen und Lücken im Bereich der Corona-Sozialgesetzgebung. Für die Kluft zwischen politischen Versprechungen und der Realität sei dieses Zitat des Bundesministers für Arbeit und Soziales angeführt: „Die Leistungen der Grundsicherung werden schnell und unbürokratisch gewährt. Das hilft erst einmal, um nicht ins bodenlose zu stürzen. Wir lassen die Menschen nicht allein, der Staat kümmert sich!“[


[1] https://gruenden-schweinfurt.de/uncategorized/soforthilfen-ein-vergiftetes-geschenk/

[2]https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Anworten-zugang-sgb2/faq-zugang-sgb2.html

[3] https://taz.de/Hartz-IV-in-Coronazeiten/!5723965/#:~:text=Alleinstehende%20d%C3%BCrfen%20bis%20zu%2060.000,nochmal%208.000%20Euro%20Verm%C3%B6gensfreibetrag%20draufschlagen oder https://www.veronika-bellmann.de/grundsicherungsleistungen-fuer-solo-selbststaendige

[4]https://www.focus.de/finanzen/news/wegen-corona-krise-bundesregierung-will-bei-hartz-iv-vermoegenspruefung-aussetzen_id_11798424.html

Der Betrag enthält subjektive Auffassungen des Autors. Er stellt keine Rechtsberatung dar, sondern eine allgemeine Information. Wenn Sie Infos zu Hartz IV benötigen, empfehlen wir Ihnen die Seite https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/hartz-iv/

Kostenübernahme für ffp2-Antrag beim Jobcenter stellen mit Muster

Muster für Kostenübernahme von ffp 2-Masken fürs Jobcenter

Nach der Sitzung des Landeskabinetts am Dienstag steht fest: In Bayern müssen Kunden und Fahrgäste ab kommenden Montag in Handel und Nahverkehr eine FFP2-Maske tragen. Die sogenannten Community-Masken, selbstgenähte Alltags- oder Behelfsmasken oder der medizinische Mund-Nasen-Schutz sind dann dort nicht mehr zulässig.

Nicht im Regelsatz

Zu kaufen gibt es FFP2-Masken u.a. in Apotheken und auch in diversen Drogeriemärkten. Die Preise variieren, der Stückpreis liegt liegt etwa zwischen drei und fünf Euro, im Mehrfach-Pack sinkt der Preis, jedoch ist das für Hartz IV-Empfänger schwer zu schultern, zumal diese Position nicht im Hartz IV-Regelsatz vorgesehen ist. Nach der Tragepflicht in Bayern sind entgegenstehende Entscheidungen, wie des SG Konstanz, die einen Mehrbedarf ablehnten, obsolet.

Muster für Antrag Kostenübernahme ffp2-Masken

Stellen Sie daher bei Ihrem Jobcenter diesen oder einen ähnlichen Antrag:

00 Musterstadt

___.04.2020, Musterstadt

Antrag auf Kostenübernahme für 12 ffp2-Masken

BG-Nummer: ________________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beantrage für mich die Übernahme der Kosten für den Kauf von 12 ffp-2-Masken.

Der Anspruch auf Übernahme dieser Kosten hat seine Grundlage in § 21 Abs. 6 SGB II.

Die ffp2-Masken werden laufend benötigt werden, wo deren Tragen Pflicht ist. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind im laufend benötigte Bedarfe ein Härtefallmehrbedarf i.S.d. §21 Abs. 6 SGB II zu BSG v. 08.05.2019 – B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R).

Der Bedarf für die genannten ffp2-Masken ist unabweisbar, da ansonsten nicht mehr eingekauft oder öffentliche Nahverkehrsmittel in Bayern benutzt werden können. Der Bedarf ist laufend, da die Pflicht ab dem 18.01.2021 besteht und ein Ende der verschärften Maskenpflicht nicht absehbar ist. Nach Empfehlungen von Experten sollen die Masken alle 2 Tage gewechselt werden, so dass der Antrag den Maskenbedarf für einen Monat für eine Person abdeckt.

Die Kosten pro Maske belaufen sich auf

……….. €

…………€ Gesamtkosten

Anbei finden Sie eine Kopie der Angebote, das die Grundlage für die Kostenaufstellung darstellt.

Ich bitte um zeitnahe Bearbeitung und vermerke mir dafür den ……..

Sollte bis zum genannten Datum der Anspruch nicht realisiert werden, bin ich leider gezwungen diesen auf dem Weg des einstweiligen Rechtschutzverfahrens geltend zu machen.

Tipp vom Anwalt: Stellen Sie jeden Monat für jede hilfsbedürftige Person Ihres Haushalts diesen Antrag.

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Schwankende Einnahmen richtig berücksichtigen

Bei vorläufigen Bescheiden

Hartz IV-Aufstocker, als Leistungsempfänger, die nebenbei noch arbeiten, kämpfen auch gegen die Bürokratie der Jobcenter. Jobcenter bewilligen ihnen gewöhnlich für ein halbes Jahr ihre Leistungen vorläufig und setzen nach Einreichung der Unterlagen oder manchmal nach Ablauf des Bewilligungszeitraums endgültig fest. Aber auch andere Hartz IV-Empfänger mit einem regelmäßigen kleinen, aber schwankenden Zusatzeinkommen erhalten ihre Leistungen nur vorläufig. Nach einem Monat erwachsen die vorläufigen Bescheide in Bestandskraft.

Tipp vom Anwalt: Achten Sie darauf, ob in Ihrem Bescheid dann auch das Wort vorläufig auftaucht.

Zusammentreffen von Einnahmen aus ehrenantlicher Tätigkeit und sonstigem Nichterwerbseinkommen

Anders als beim Zusammentreffen mehrerer Einkunftsarten ist beim Zusammentreffen von priviligiertem Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit und nicht priviligiertem Enkommen ist die Einkommmensbereinigung zweimal durchzuführen.

Achtung: Trinkgelder sind nur dann anrechenbar, wenn sie 10% des monatlichen Regelbedarfs übersteigten (BSG vom 13.07.2022, Az.: B 7/14 AS75/21 R).

Anrechnung von Betriebskostenguthaben

Seit April 21 wird nun kein Durchschnittseinkommen mehr gebildet, sondern abschließend bewilligt.

Bei Überschneidung von Mietrecht und Hartz IV gibt es viele Tücken:  In der Regel sind die Guthaben aus Betriebskostenzahlungen – ähnlich wie  der Lohn – nicht im Abrechnungsmonat, sondern später anzurechnen. Während der Lohn mit dem Zufluss auf das Hartz IV angerechnet wird, ist dies bei Betriebskostenguthaben wegen einer Spezialregel aus § 22 III SGB II erst im Monat nach dem Zufluss – d in der Regel nur gegen die Unterkunftskosten.

Guthaben aus Betriebskostenzahlung ist mit Zufluss Einkommen

Wenn nun aber ein Hartz IV-Aufstocker (somit Jemand der die Leistung nur vorläufig erhält), ein Betriebskostenguthaben von seinem Vermieter überwiesen bekommt, dann ist dieser Zufluss nicht voll im Monat des Zuflusses anzurechnen, sondern musste bis April 2021 nach der Ansicht des SG Hannover vom 11.06.2020 (Az.: S 43 AS 3130/19) über die Monate des Bewilligungszeitraums (in der Regel 6) verteilt werden, Diese Argumentation verwarf das LSG Niedersachsen-Bremen jedoch  (L 19 AS 93/20), da § 22 III SGB II hier eine Spezialregelung darstelle. Nach neuerem Recht ist nunmehr ohnehin explizit nach dem Monat des Zuflusses des Guthabens gegen die KdU aufzurechnen.

Auf die abschließende Festsetzung folgt oft der Erstattungsbescheid

Tipp vom Anwalt: Häufig wird der Erstattungsbescheid, der nach der abschließenden Festsetzung wegen der höheren Anrechnung ergeht, nach der Ansicht mehrerer Gerichte nicht Teil des Klageverfahrens gegen den vorläufigen und abschließenden Bescheid. Vergessen Sie daher nicht diesen und auch den abschließenden Bescheid anzufechten.

Achtung: Mit dem Bürgergeld wurde eine Bagatellgrenze von 50 € bei Rückfoerderungen eingeführt, vgl. § 40 I 3 SGB II n.F. Bis zu dieser Grenze dürfen die Jobcenter Gelder nicht zurückfordern.

Überraschendes zum Betriebskostenguthaben

Verrechnung von Betriebskostenguthaben

Vermieter die noch auf Mietschulden ihres Mieters warten und mit einem Guthaben aus einer Betriebs- oder Heizkostenabrechnung aufrechnen wollen, die haben manchmal ein Problem – oft ohne es zu wissen. Zumindest, wenn der Mietschuldner Hartz IV-Empfänger ist. Denn nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG vom 16.10.2012, Az.: B 14 AS 1881/11 R) ist dieses Guthaben unpfändbar, wenn das Jobcenter im Folgemonat des Zuflusses damit gegen die Leistungen des SGB II-Empfängers für Kosten der Unterkunft aufrechnet. Der Bundesgerichtshof hat sich am 20.06.2013 dieser Auffassung angeschlossen und einer Klage auf Auszahlung des Guthabens nach Verrechnung des Vermieters stattgegeben (Az.: IX ZR 310/12).

Tipp vom Anwalt: Vermieter sollten also ein realistische Vorauszahlungshöhe der Betriebskosten vereinbaren und bei der Abrechnung darauf achten alle umlegbaren Positionen auch in Rechnung zu stellen.

Hartz IV-Empfänger sind geschützt

Die schmissige Begründung war, dass der Hartz IV-Empfänger durch Verrechnung bei zeitgleicher Minderung seiner KdU-Leistung nicht unters Existenzminimum rutschen darf, was ansonsten ja die Allgemeinheit wieder auffangen müsste. Die Verrechnung des Guthabens gegen Mietschulden ist zwar in jedem Fall eine beachtenswerte Einnahme, jedoch steht sie dem SGB II-Empfänger dann nicht unmittelbar zur Verfügung.

Tipp vom Anwalt: Wenn das Jobcenter die Miete im Folgemonat mindert, ohne dass das Guthaben dem Hilfeempfänger ausgezahlt wurde, ist das natürlich nicht ok: Legen Sie hier unbedingt Widerspruch ein (BSG, Urteil vom 16. 5. 2012 – B 4 AS 132/11 R ).

Beratungspflicht der Jobcenter

Achtung: Nach dem LSG Sachsen trifft den Hartz IV-Empfänger u.U. die Pflicht gegen seinen Vermieter vorzugehen, wenn dieser dennoch verrechnet. Das Jobcenter trifft in so einem Fall eine Hinweis- und Beratungspflicht des Hilfebedürftigen (LSG Sachsen vom 21.09.2017 , Az.: L 3 AS 480/12)

Volle Anrechenbarkeit als Einnahme nach § 11 I 1 SGB II

Nach einer neuen Entscheidung des Bundessozialgerichts dürfen die Jobcenter die erfolgten Zahlungen aus Betriebskostenguthaben aber voll aufs Hartz IV anrechnen, auch wenn die Betriebskostenvorauszahlungen aus Zeiten stammen, wo noch kein Hartz IV bezogen wurde (BSG, Urteil vom 24.06.2020, Az.: B 4 AS 7/20). Dies gilt auch bei abschließender Festsetzung nach einer vorläufigen Leistungsbewilligung.

Anders könnte es sein, wenn das Jobcenter die KdU nicht in der vollen tatsächlichen Höhe übernommen hat.

Nach einer Entscheidung des LSG-Berlin-Brandenburg (Az.: L AS 1466/14) darf die Anrechnung im auf den der Gutschrift folgenden Monat beim Hartz IV-Empfänger erfolgen. Auf den Umstand, dass das Guthaben dem Mieter erst mit der Verrechnung zu einem späteren Zeitpunkt wirtschaftlich zugute kommt, kommt es nicht an. Entscheidend ist der Zeitpunkt auf den die Nachforderung tatsächlich anfällt. Das sei der Fälligkeitszeitpunkt, da das Guthaben wegen des Treuhandverhältnisses hinsichtlcih der Betriebskostenvorauszahlung unverzüglich auszuzahlen sei.

Achtung: Bei Guthaben aus Strom darf eine Anrechnung i.d.R. nicht erfolgen nach der BSG-Rechtsprechung. Anders sieht dies aus, wenn ein Bonus beim Stromanbieterwechsel gezahlt wird, weil hier keine Konnexität zwischen sparsamer Energieverwendung und der Zahlung von Abschlägen bestehen soll (BSG vom 14.10, 2020, Az.: B 4 AS 14/20 R)

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Mittel gegen Kinder- und Jugendarmut

Mittel gegen Kinder- und Jugendarmut

Kinder und Jugendliche in Hartz IV-Haushalten bis zum 18 Geburtstag können Anspruch auf Leistungen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in Höhe von 15 Euro haben.

Tipp: In Ausnahmefällen wird es werden sogar die Kosten für Ausrüstungen für bestimmte Sportarten übernommen.

Leistungen für Bildung

Und dies alles neben der Hartz IV-Regelleistung! Solche Personen bis 25 Jahre erhalten unter Umständen automatisch Leistungen für Bildung, wie für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten, Schulbedarf in Höhe von 100 € zum 1. August und weiteren 50 € zum 1. Februar jeden Jahres, die erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen für die Schülerbeförderungskosten und mehr Aufwendungen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung. Auf Antrag gibt es sogar die Übernahme der Kosten fürangemessene Lernförderung bei Schülern zur Ergänzung schulischer Angebote. Wird über diese Leistungen nicht im Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gleich mitentschieden, so ist in dem betreffenden Bescheid ein Hinweis zu geben, vergleiche Paragraph 41 Abs. 3 S. 2 SGB II.

Kostenersatz für Schulbücher und Laptops

Neben dem Kosten für Schulbedarf haben Schüler bis 25 Jahre in Hartz IV-Haushalten unter Umständen Kostenersatzanspruch für Schulbücher und im Einzelfall auch für einen intenetfähigen Laptop.

Tipp: Muss der Hartz IV-Empfänger in Vorleistung gehen, obwohl er den Antrag ans Jobcenter rechtzeitig gestellt hat, gibt ihm Paragraph 30 SGB II einen Kostenersatzanspruch.

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Die Hammer-Entscheidung vom SG Berlin: Während Corona muss Jobcenter u.U. auch unangemessen Wohnkosten zahlen

Jobcenter muss u.U. volle Mietkosten in Coronakrise tragen

Für Leistungszeiträume, die ab Anfang März 2020 bis Ende Juni 2020 beginnen müssen Jobcenter nach der Auffassung des Sozialgerichts Berlin auch die  unangemessen hohen Wohnkosten übernehmen, wenn zuvor schon die unangemessen hohen Kosten der Unterkunft übernommen wurden.. Dies gilt nach Auffassung des Sozialrichters auch für Hartz IV-Empfänger, die schon länger im Bezug stehen, weil die während der Corona-Krise neugeschaffene Vorschrift des § 67 SGB II in diesem Punkt nicht zwischen Altfällen und neuen Arbeitslosen unterscheidet.

Widerspruch und Eilverfahren

Tipp vom Anwalt: Ergeht in diesem Zeitraum für Sie ein neuer Bescheid, indem das Jobcenter nicht die gesamten Kosten der Unterkunft (KdU) übernimmt, dann legen Sie unbedingt Widerspruch ein. Sollte die Widerspruchsfrist schon abgelaufen sein, dann kommen Sie mit einem Überprüfungantrag wieder ins Verfahren hinein.  Beantragen Sie zugleich ein Eilverfahren vor Ihrem zuständigen Sozialgericht.

Hintergrund war der Fall einer alleinerziehenden Mutter, die nur bis März 2020 vom Jobcenter die gesamte Bruttowarmmiete ersetzt bekam. Im neuen Bescheid wollte das Jobcenter nur den Betrag aus den (mutmaßlich unschlüssigen) Richtlinien für Berlin bezahlen. Das Sozialgericht Berlin hat dem Eilantrag der Dame nun Recht gegeben und das Jobcenter verpflichtet die vollen Mietkosten für  sechs Monate zu übernehmen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Az.: S 179 AS 3426/20 ER).

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Jobcenter muss Ungezieferbeseitgung zahlen

Das Sozialgericht Reutlingen hat ein Jobcenter verurteilt die Kosten von einem kleinen vierstelligen Betrag für die Ungezieferbeseitigung in der Mietwohnung einer dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft von Hartz IV-Empfängern zu übernehmen (SG Reutlingen vom 13.11.2019, Az.: S 4 AS 2464/19 ER). Die Alleinstehende mit ihren beiden minderjährigen Kindern wurde von Bettwanzen geplagt; der Vermieter weigerte sich aber die Kosten der Schädlingsbekämpfung zu tragen.

Nach der Ansicht des Sozialgerichts gehören die Kosten der Schädlingsbekämpfung zu den Kosten der Unterkunft nach § 22 I SGB II und die Kostenübernahme auch erforderlich u die Sciherstellung eines menschlichen Wohnens sicherzustellen. Dabei konnte die Hartz IV-Empfängerin auch Profis für eine thermische Behandlung heranziehen und musste das Ungeziefer nicht in Eigenregie bekämpfen.

Tipp vom Anwalt: Besorgen sie sich bevor Sie Antrag beim Jobcenter stellen am Besten drei Kostenvoranschläge von Kammerjägern.

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Update: Soforthilfe wird auf Hartz IV nicht angerechnet

Soforthilfe kein anzurechendes Einkommen

Noch fehlen eigene Regeln, wie mit dem Zufluss der Soforthilfe während des Bezuges von Hartz IV umzugehen ist. Nach bisheriger Gesetzeslage, da waren sich viele Sozialrechtler einig, musste die Soforthilfe auf Hartz IV als Einkommen angerechnet werden. Nun hat das SG Berlin anders entschieden (SG Berlin vom 04.07.2022, Az.: 123 AS 8864/20).

Dennoch Hartz IV-Antrag stellen?

Eine missliche Lage für die Personen, die auf die Soforthilfe noch warten und  wegen nicht mehr vorhandener liquider Mittel. Sozialleistungen beantragen müssen. Diese mussten mit Aufrechnungs – und später Erstattungsbescheiden rechnen. Meldet man den Zufluss der Soforthilfe zudem nicht rechtzeitig gerät man  in die Gefahr sich einem Strafverfahren wegen Sozialbetrugs auszusetzen.

Nach dem SG Berlin ist die Soforthilfe nur bei den Betriebsausgaben in Abzug zu bringen.

Bei Erstattungsbescheiden im Einzelfall weiter Widerspruch sinnvoll

Bei den Soforthilfen gibt es eine Ausnahme zum Zuflussprinzip des SGB II. Die Corona-Soforthilfe ist den Monaten zuzuordne, für den diese Hilfen im Einzelfall bezimmt sind.

Tipp vom Anwalt: Da die Rechtslage noch nicht hinreichend klar ist, legen Sie gegen die Aufrechnung – beziehungsweise Erstattungsbescheide des Jobcenters  unbedingt Widerspruch ein.

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Vom Unternehmer zum Hartz IV-Empfänger wegen Corona

Gefangen im der Soforthilfe-Warteschleife

Es war ein großes Versprechen, dass die Politik abgegeben hatte. Soforthilfen sollten Unternehmern helfen die coronabedingten Umsatzrückgänge zu überbrücken. Die Gelder wurden schnell bereitgestellt, doch in der Bewilligung ist es nun wegen des starken Andrangs und strengeren Überprüfungsverfahren nach einigen Betrugsversuchen zu heftigen Verzögerungen gekommen.

Hartz IV-Antrag trotz Soforthilfe?

Viele Unternehmer, die die Liquiditätsmängel nicht mehr auffangen können, müssen um ihren Lebensunterhalt zu sichern, nun Hartz IV beantragen. Obwohl die Politik eigentlich einen erleichterten Hartz IV-Antrag versprochen und bereitgestellt hat, halten sich einige Jobcenter – besonders in sogenannten Optionskommunen, wo die Gemeinden ihre Arbeitslosen in eigener Verantwortung selber verwalten – sich an diese Vorgaben nicht und prüfen das Vermögen weiter ab. Nach deren Empfinden handelt es sich bei dem neuen Antrag nur um eine Empfehlung der Bundesarbeitsagentur.

Tipp vom Anwalt: Beantragen Sie mit Ihrem Antrag sofort einen Vorschuss, um nicht in eine weitere Warteschleife zu rutschen – diesmal beim Jobcenter. Besteht das Jobcenter weiter auf den vollständigen Antrag, dann leiten  sie ein Eilverfahren vor ihrem zuständigen Sozialgericht ein.

Wenn später die Soforthilfe ausgezahlt wird, dann darf sie nicht auf das Hartz IV angerechnet werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 15.09.2021, L 18 AS 884/21). Für Selbständige gibt es übrigens auch eine verkürzte Anlage EKS. Anwaltskosten können hier als Betriebsaufwand in der Krise u.U. gewinnmindernd eingetragen werden.

Erleichterter Hartz IV-Zugang für EU-Ausländer in der Corona-Krise

Obdachloser EU-Bürger erhält Hartz IV in Corona-Krise trotz verlorener Dokumente

Nach dem “Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach dem SGB II” – verkürzt oft „EU-Bürger-Ausschlussgesetz“ genannt – erhalten arbeitssuchende und wirtschaftlich nichtaktive EU-Bürger in den ersten fünf Jahren keine Sozialleistungen.

Kein Anspruch bei unter fünfjährigem Aufenthalt

Somit haben obdachlose Ausländer, die oft auch EU-Bürger sind, keinen Anspruch auf Sozialhilfe oder das sogenannte Hartz IV. Sie müssen sich häufig entweder als Tagelöhner, Prosituierte, Flaschensammler oder durch Betteln durchschlagen. All diese Einnahmequellen sind nun durch die massiven Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie weitgehend versiegt. Experten vermuten es in Deutschland mehrere Zehntausend Menschen unter vergleichbaren Umständen und ohne Anspruch auf staatliche Fürsorgeleistungen und ohne Anspruch auf medizinische Versorgung gibt.

Corona-Krise als Extremsituation

Das Sozialgericht Düsseldorf hat nun in einem Eilbeschluss (Az.: S 25 AS 1118/20 ER) in der Corona-Krise einem obdachlosen portugiesischen Staatsbürger, der viele Unterlagen zum Nachweis seines Aufenthalts in Deutschland verloren hatte, dennoch einen Hartz IV-Anspruch zugebilligt, weil er seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht habe. Es sei als Obdachloser ohne jegliche Einkünfte selbstverständlich auch hilfebedürftig und hier stehe das sog. EU-Bürger-Ausschlussgesetz, was im § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seinen Niederschlag gefunden habe, dem Anspruch nicht entgegen.

Geschlossene Grenzen verhindern Ausreise

In der derzeitigen Corona-Kreise stehe der dargestellte Leistungsausschluss und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf das Existenzminimum in einem besonderen Spannungsverhältnis. Es sei in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie das Jobcenter dem Kläger hier Leistungen verweigern könne, ärgerte sich der Richter. Denn ein ausländischer Obdachloser, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit nicht in sein Heimatland zurückreisen könne, um ggf. dort Sozialleistungen zu beantragen, dem muss sein Überleben in dieser Zeit vom Staat gesichert werden. Zumal es aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen ggf. zu erbetteln, ergänzte der Sozialrichter, der offensichtlich sein Herz am richtigen Fleck trägt und dem Eilantrag des Klägers stattgab.

Mehr Infos zu Hartz IV hier

SG Frankfurt: Kein Mehrbedarfanspruch wegen Corona

Muss Jobcenter im Einzelfall für Corona-Test zahlen?

Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt (Main) muss das Jobcenter weder die Kosten für einen Corona-Test noch einen Mehrbedarf für erhöhter Ernährungskosten wegen der Corona-Krise gewähren. Damit setzen Sozialgerichte ihre harte Linie gegenüber Altfällen im SGB II fort.

hier zur Entscheidung des SG Konstanz

Was war passiert? Der 45-jährige Hartz IV-Empfänger hatten in einem gerichtlichen Eilverfahren verlangt, das Jobcenter zur vorläufigen Übernahme der Kosten eines Corona-Tests in Höhe von 200,00 EUR zu verpflichten. Zudem wollte er einen Mehrbedarf in Höhe von 100,00 Euro für höhere Ernährungskosten wegen der Corona-Krise.

Anders für Mitglieder einer Risikogruppe?

Mit diesem Ansinnen ist er jetzt gescheitert. Das Sozialgericht lehnte seinen Eilantrag mit der Begründung ab, dass das Jobcenter nicht der zuständige Leistungsträger sei, sondern die gesetzliche Krankenversicherung. Der Antragsteller gehöre nach eigenen Angaben auch nicht zu einer Risikogruppe. Daher sei der Test für ihn nicht notwendig. Der Kläger habe folglich keinen Anspruch darauf, besser gestellt zu werden als andere gesetzlich  Krankenversicherte.

Ohne Engpässe kein  Anspruch für Mehrbedarf für Nahrung

Das Sozialgericht Frankfurt hat den Eilantrag des Antragstellers auh in einem weiteren Punkt abgelehnt: Im Hinblick auf das Ziel das Jobcenters zur vorläufigen Gewährung eines Mehrbedarfs in Höhe von 100,00 EUR für Ernährungskosten, die durch die Corona-Krise erhöht seien, zu verurteilen. Die Begründung entspricht der Begründung des Sozialgerichts Konstanz (Link oben): Der Antragsteller könne den Erwerb von Lebensmitteln nämlich aus seinem Regelbedarf bestreiten, auch in der derzeitigen coronabedingten Krise, so der Richter. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs lägen nicht vor. Der Antragsteller habe zwar behauptet, dass er als Hartz IV-Empfänger Schwierigkeiten habe, sich zu ernähren. Tatsächlich bestünden  bei Verbrauchsgütern und Lebensmitteln keine Versorgungsengpässe. Dies gelte auch für solche Waren und Lebensmittel, deren Erwerb Bezieher von Grundsicherungsleistungen aus dem Regelbedarf bestreiten müssen.

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Corona-Entscheidung des SG Konstanz: Kein Anspruch auf Zuschlag für Notbedarf

Anspruch auf Corona-Notbedarfszuschlag?

In vielen Beiträgen wird Hartz IV-Empfängern empfohlen einen Antrag auf Mehrbedarf wegen der Corona-Krise zu stellen. Zumindest das SG Konstanz hat in einer Eilentscheidung diesem Ansinnen nun einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Der klagende 1955 geborene Antragsteller hatte sich mit Schreiben vom 28. Februar 2020 an sein Jobcenter gewandt und beantragte unter Hinweis auf die Corona-Pandemie zusätzliche Leistungen für eine Notbevorratung von Lebensmitteln für etwa zehn Tage, für eine Mundschutzmaske und für Desinfektionsmittel. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 2. März 2020 mit der Begründung abgelehnt, es handle sich um keine Leistung des SGB II. Widerspruch war nicht erhoben worden.

Notbevorratung für Toilettenpapier, Nudeln und Mehl

Drei Wochen später beantragte der Kläger einen Vorschuss seines Arbeitslosengeldes II für die gewünschte Notbevorratung. Zur Begründung führte er aus, er habe in den Supermärkten einen regelrechten Ansturm erlebt.  Wir kennen das alle: Vor allem Toilettenpapier, Nudeln oder Mehl sind kaum mehr zu bekommen. Dennoch lehnte das Jobcenter die Gewährung eines Darlehens für eine Lebensmittelbevorratung mit der Begründung ab, die beantragte Leistung sei durch den Regelbedarf abgedeckt.

Hamsterkäufe führen zu Knappheit

Ende März 2020 hatte der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht gestellt. Zur Begründung führt er aus, durch den Corona-Virus sei es zu einer bundesweltweiten Krise gekommen. Durch “Hamsterkäufe” sind in den Supermärkten billige Produkte an Grundnahrungsmitteln wie Reis, Nudeln, Feuchttüchern, Fleisch, Konserven, Seife und Toilettenpapier ausverkauft. Viele Bürger sind gezwungen, teurere Produkte zu kaufen. Statt einer 500 g-Packung Nudeln für 0,45 EUR musste er zuletzt eine Packung für 2,70 EUR kaufen müssen. Preise wie 2,40 EUR für eine Salatgurke oder 1,00 EUR für eine einzelne Orange seien vor kurzem im Discounter noch undenkbar gewesen. Hygieneartikel und spezielle Schutzmasken bzw. -kleidung sind  auf dem freien Markt zu den gewohnten Preisen auch nicht mehr zu beschaffen.

“Prepper” nun überall

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rate zu einer Notbevorratung von Lebensmittel und Wasser für mindestens zehn Tage, was mehrere hundert Euro koste. Und komme es tatsächlich zu einer “häuslichen Quarantäne”, dürften infizierten Verdachtsfälle ihre Wohnung mindestens 14 Tage lang nicht verlassen und keinen direkten Kontakt zur Außenwelt haben. Infizierten Verdachtsfällen werde seitens der Regierung geraten, ggf. Freunde und Verwandte zu bitten, ihnen Lebensmittel vor die Türe zu stellen. Im besten Fall ernährten sich Betroffene von ihren Notvorräten.

SG Konstanz: Kein Anspruch auf Mehrbedarf fürs “Hamstern”

Die hier allein in Frage kommenden Mehrbedarfe betreffen nach § 21 Abs. 1 SGB II Bedarfe nach § 21 Abs. 2 bis 7 SGB II, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. Näher zu prüfen ist dabei nur ein Leistungsbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II. Nach dieser Vorschrift wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Handelt es sich hingegen nicht um einen laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf, kann nach § 24 Abs. 1 SGB II ein Darlehen für einen vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf gewährt werden.

Eine Frage der Eigenverantwortung

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät zwar in der Tat zu einem Notvorrat an Lebensmitteln und Getränken für 14 Tage, es handelt sich jedenfalls um keinen unabweisbaren Bedarf, für den das Jobcenter gesondert Leistungen als Zuschuss bzw. Darlehen zu erbringen hätte. Vielmehr liegt eine solche Bevorratung im Bereich der eigenverantwortlichen Entscheidung jedes Bürgers.

Notvorrat aus dem Regelsatz aufbauen?

Dem Leistungsberechtigten ist es, wenn er sich für einen solchen Notvorrat entscheidet, zumutbar, diesen zeitlich gestaffelt aufzubauen und nach und nach aus den ihm gewährten Regelleistungen zu bezahlen. Auf der anderen Seite ist es ihm möglich, Lebensmittel und sonstige Produkte aus dem Notvorrat, deren Haltbarkeit abläuft, nach und nach zu verbrauchen und dadurch Aufwendungen für ihren Ersatz auszugleichen.Etwas Anderes folge auch nicht aufgrund der Einschränkungen, welche die Corona-Pandemie aktuell für die deutsche Bevölkerung mit sich bringt.

 “Corona kein Anlass für hamstern”

Nach der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 17. März 2020 (in der Fassung vom 28. März 2020) bestehen zwar Einschränkungen für den Aufenthalt im öffentlichen Raum (§ 3 der Verordnung). Eine allgemeine Ausgangssperre ist jedoch nicht angeordnet worden. Zu den weiterhin geöffneten Einrichtungen gehören der Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke einschließlich Bäckereien, Metzgereien, Hofläden, weiterhin Wochenmärkte sowie Apotheken und Drogerien (§ 4 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 6 der Verordnung). Damit ist es möglich, regelmäßig einkaufen zu gehen und den Bedarf an Lebensmitteln und weiteren wichtigen Gegenständen des täglichen Bedarfs zu decken, so der Richter. Niemand sei daher gezwungen, allein aufgrund der Corona-Pandemie Vorräte anzulegen, die über dasjenige hinausgehen, was in einem Haushalt auch sonst üblich ist.

Situation für Hartz IV-Empfänger bei Ausgangssperre

Auch bei einer Verschärfung der Hygienemaßnahmen spreche nichts dafür, dass Menschen das Haus nicht mehr verlassen dürfen, um Lebensmittel einzukaufen. So ist es in Ländern, deren Beschränkungen derzeit weitergehen noch  möglich, Einkäufe für den persönlichen Bedarf vorzunehmen und dafür aus dem Haus zu gehen.

 Notvorberratung bei “häuslicher Quarantäne”

Wenn man sich  abgesondert in der  Wohnung aufhalten muss (“häusliche Quarantäne”) aufgrund einer entsprechenden Anordnung der hierfür zuständigen Behörden bzw. Gesundheitsämtern wegen eine Infektion oder zumindest den konkreten Verdacht hätte im Gegenzug auch Anspruch gegen die Behörde ihm die notwendigen Lebensmittel zu lassen. Diese, jedenfalls die allgemeinen Ordnungsbehörden, stehen dann in der Pflicht, die abgesonderten Personen mit den notwendigen Lebensmitteln zu versorgen, so dass Gericht. Ein unabweisbarer Mehrbedarf besteht auch nicht, weil Lebensmittel infolge der Corona-Pandemie allgemein teurer geworden sind.

Versorgungsprobleme aufgrund logistischer Probleme

Die Handelsketten versichern, dass dies an noch nicht angepassten logistischen Abläufen liegt. Es liegen explizit keine Versorgungsprobleme vor, die Versorgung mit Lebensmitteln ist weiterhin gesichert. Der Handel hat zugesichert, auf die verstärkte Nachfrage zu reagieren und das Sortiment aufzustocken.” Auch nach den Angaben der Bundesregierung sei die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland gesichert. Das schließe nicht aus, dass in einzelnen Geschäften, an einzelnen Tagen bestimmte besonders nachgefragte Lebensmittel ausverkauft sind.

Kartoffeln statt Nudeln, Masken einfach selber basteln

Dem Antragsteller ist es aber in einem solchen Fall zuzumuten, für eine kurze Zeit auf andere Lebensmittel, etwa auf Kartoffeln statt Nudeln, auszuweichen oder auf andere Geschäfte bzw. Einkaufsmöglichkeiten als die gewohnten zurückzugreifen. Zusätzliche Aufwendungen für Hygiene (Seife, Reinigungs-, Desinfektionsmittel) sowie auf Schutzmasken und Schutzkleidung seien kein unabweisbarer Bedarf.  Angesichts der Corona-Pandemie wird allgemein empfohlen, Abstand von anderen Personen zu halten, Berührungen zu vermeiden, bestimmte Regeln beim Husten und Nießen einzuhalten und sich regelmäßig die Hände zu waschen. Die Aufwendungen für Seife und vergleichbare Reinigungsmittel sind im Regelbedarf enthalten, so das Gericht. Schutzmasken, die ihren Träger wirksam vor Corona-Viren schützen (sog. FFP3-Masken), oder gar spezielle Schutzkleidung sind derzeit im allgemeinen Handel kaum erhältlich.  Schutzmasken, die dem FFP3-Standard nicht entsprechen und teilweise selbst aus Stoff hergestellt werden können, dienen dem Schutz anderer vor einer möglichen Infektion durch den Verwender der Maske.

Maskenpflicht

Die Verpflichtung, diese zu tragen, wird derzeit öffentlich diskutiert, ist aber bisher nicht umgesetzt worden. Unabhängig hiervon ist angesichts der Verpflichtung großer Teile der Bevölkerung zum Tragen solcher Masken in der Öffentlichkeit nicht zu erkennen, dass Anforderungen gestellt werden, die den Bürgern übermäßige Kosten auferlegen. Harzt IV-Emfänger können ihre Ausgaben umschichten, im Übrigen seien aus Baumwolle selbst geschneiderte Masken, Schals, Tücher, Buffs etc. ausreichend zum Schutz.

Tipp vom Anwalt: Dies ist noch eine Einzelentscheidung eines einzelnen Sozialgerichts ohne bundesweite Bindungskraft. Kämpfen Sie daher weiter um Ihre Rechte!

Mehr Infos unter: https://www.anwaltskanzlei-wue.de/rechtsgebiete/hartz-iv/

Mietobergrenzen nur bei schlüssigem Konzept

Mietobergrenzen nur bei schlüssigem Konzept!

Viele Kommunen und Landkreise können kein schlüssiges Konzept für ihre Mietobergrenzen vorweisen, so dass nach der Rechtsprechung des BSG häufig die höheren Sätze nach dme Wohngeldgesetz zzgl. 10%-igem Sicherheitszuschlag gelten.

Mehr für die Miete vom Jobcenter/Sozialamt bekommen

hier geht es zu den Mietobergrenzen in Stadt und Landkreis Würzburg sowie denn von Stadt und Landkreis Schweinfurt und Bad Kissingen: Update!!!

Folge der Unschlüssigkeit ist, dass sich dieAngemessenheit der Bruttowarmmieter nun nach den höheren Grenzen des Wohngeldgesetzes bestimmet.

hier mehr zum Wohngeld

Gute Nachricht für Hartz IV-Empfänger, Sozialhilfeempfänger und Vermieter/Wohnungsverwaltungen

Hartz IV-Empfänger sowie Sozialhilfeempfänger sind in diesem Fall nicht mehr auf die Deckelung der Jobcenter bei den KdU (Bruttokaltmiete) beschränkt, können mehrfür sich rausholen und verbessern damit auch ihre Chance bei der Wohnungssuche. Das ist Folge der Tabellenwerte zu § 12 WoGG zuzüglich eines 10 %-igen Sicherheitszuschlages!

Widerspruch oder Überprüfungsantrag einlegen

Oft geben die Kommunen ihre Mietobergrenzen gar nicht ordnungsgemäß in Form eines Stadtratbeschlusses bekannt, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  nicht in Ordnung sein dürfte (vgl. Az.: 5 CN 1.03). Zudem werden häufig Fehler bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkuft gemacht, weil der maßgebliche örtliche Vergleichsraum verkannt wird. Regelmäßig ist das Konzept des Grundsicherungsträgers auch unschlüssig, wenn der Vergleichsgegenstand, also die Art der Wohnungen und deren Standard nicht hinreichend ausdifferenziert wurde, Angaben über den Beobachtungszeitraum oder Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung (insbesondere Quellenangaben) fehlen. Schließlich müssen Angaben über die gezogenen Schlüsse gemacht werden und diese wissenschaftlich nachvollziehbar sein. Dabei hapert es oft. Weder dürfen die Daten veraltet sein, noch darf deren Zusammenstellung unrepräsentativ sein. Im Nachhinein dürfte die Schlüssigkeit ´nur schwerlich herzustellen sein.

Situation  in Mainfranken

In der Stadt Würzburg (Stand: 01.01.2021) etwa steht einer Person in der Regel 50 m² zu, für eine Kaltmiete von 485,00 €. Bei zwei Bewohnern darf die Wohnung 65 m² haben und 600,00 € kosten. Ab einem 3-Personen-Haushalt beträgt das Produkt aus Wohnfläche  75 m² und Bruttokaltmiete/m² 695,00 €.  Für eine vierköpfige Familie gibt es pauschal 90 m² zu einer Nettokaltmiete von 790,00 €. Für Heizung mit Warmwasser gelten in dieser Reihenfolge die folgenden Beträge: 75,00 €/ 97,50 €/ 112,50 €/ 135,00 €.

Im Landkreis Würzburg (Stand 01.01.2023) erhalten Single-Haushalte bis 459 €  für die Bruttokaltmiete, Zwei Personen bekommen 546 € . Drei Personen erhalten max. 613,00   und zu Viert gibt es 765 €. Bei den Heizkosten galten früher die folgenden Zahlen: 129,60,/167,40/199,80/232,20). Die Zahlen für 2023 sind mir hier noch nicht bekannt.

Die Stadt Schweinfurt ist seit letztem Jahr etwas großzügiger zu ihren Sozialhilfeempfängern).  Ein-Personenhaushalt darf bis zu 382,00 € für Bruttokaltmiete ausgeben, Zwei Personen bis zu 476,00 €, drei Personen bis max. 549  und vier Personen bis zu 642 €d. Bei den Heizkosten wird in Schweinfurt danach differenziert, ob mit Heizöl/Holz/Kohle, mit Erdgas oder mit einer Zentralheizung oder anders geheizt wird.

Im Landkreis Schweinfurt gelten seit 01.01.2022 neue Zahlen  Ein-Personen-Haushalte bekommt bis zu 511,30 € für ihre Bruttokaltmiete, ab zwei Köpfen gibt es 629,40 €  und  ab drei Personen 750,90  €. Vier Personen erhalten maximal 874,60. Die Zahlen bei den Heizkosten sind in dieser Reihenfolge 129,60 €/167,40 €, /199,80 €/232,20 €).

In der Stadt Bad Kissingen erhalten Single-Haushalte ab 01.01.2022 für ihre Bruttokaltmiete insgesamt432 €, bei zwei Personen 522,00 EUR, bei drei Familienmitgliedern 621,00 EUR, bei vier Familienmitgliedern 725,00 EUR.

Im Landkreis Bad Kissingen erhalten Single-Haushalte ab 01.01.2022 für ihre Bruttokaltmiete insgesamt 382 €, bei zwei Personen 462,00 EUR, bei drei Personen 552 EUR, bei vierPersonen 643 EUR.Heizkosten:

Für Heizkosten gibt es in Stadt und Landkreis Bad Kissingen in dieser Reihenfolge 72 €/94 €/108 €/129.00 €)

Für Hartz IV-Empfänger stellen sich Folgeprobleme im Falle von Mietmängeln, Betriebskostennachforderungen und beim Umzügen. –> Hier geht es zu unserem Ressort Mietrecht

SG Würzburg: Betreuungsgeld ist anzurechnen

Betreuungsgeld ist auf Hartz IV anzurechnen

Eine harte Entscheidung gegen Bezieherinnen von Betreuungsgeld hat das SG Würzburg jüngst getroffen. Nach der Entscheidung vom 15.05.19 (Az.: S 18 AS 455/18) ist Betreuungsgeld auf die SGB II-Regelleistung anzurechnen.

Das SG Würzburg stellt sich damit hinter die Entscheidung des SG München und wendet sich gegen das SG Bayreuth. Die Berufung gegen die noch nicht rechtskräftige Entscheidung wurde zugelassen.

Das SG Würzburg rechtfertigt seine familienfeindliche Entscheidung damit, dass die Zweckbestimmung im Bayerischen Betreuungsgeldgesetz nicht eindeutig genug sei. Zwar sei die Gesundheitsprävention, insbesondere Leistungen der Früherkennung, explizit als Gesetzesziel angegeben, jedoch sei deren Finanzierung über die Leistungen der kassenärztlichen Versorgung gesichert.

Nach Auffassung der Kammer liege hier eine gemischte Leistung vor, die aber nicht klar trennbar sei, so dass die Anrechnung voll (!) erfolgen müsse. Anders als das SG Bayreuth, dass den § 10 V BEEG als “verunglückte Vorschrift” bezeichnete, sah die Richterin dessen Wortlaut klar, dass nämlich das Betreuungsgeld anzurechnen sei. Dafür spreche, dass dessen Höhe nicht an vorher bezogenes Einkomen und dessen Höhe anknüpfe.

Auch das Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums werde durch die Anrechnung nicht betroffen, war sich die Richterin sicher, weil die Regelleistung nach dem SGB II alleine ausreiche, um auch diese Bedarfslage hier abzudecken.

 

Hartz IV trotz Knast

Hartz IV

Ein Strafgefangener, dessen Haft aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes und Kur unterbrochen wird, hat unter Umständen einen Anspruch auf Hartz IV. Dabei bleibt das Jobcenter grundsätzlich zuständig, wo der Gefangene seine Regelmaßvollzug verbüßt, auch wenn seine Krankheit für längere Zeit in einem anderen Jobcenterbezirk behandelt wird (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 26.02.2019, Az.: L 11 AS 474/17).

Update: Die zehn Gebote für Hartz IV-Empfänger

Verhaltenstipps für Hartz IV-Empfänger

*Update: Die Beschwerde wurde abgewiesen*
Warnhinweis: Dieser Beitrag stößt auf Missfallen des Jobcenters der Stadt Würzburg und war Anlass für einen Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer Bamberg. Wir lassen ihn dennoch weiter hier für Sie stehen, solange uns dies nicht verboten wird. Lesen Sie hier diesen Artikel, der dem Jobcenter der Stadt Würzburg so sauer aufstößt und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung:
Hartz IV-Empfänger sein kann stressig sein. MIt den hier vorgestellten Tipps erleichtern Sie sich das Leben als Arbeitssuchender und gewinnen die Oberhand gegenüber dem Jobcenter zurück. Wer sich an diese 10 Geboten hält, der kommt gegenüber dem übermächtigen Jobcenter in eine bessere Position.

1. Kauf dir ein Fax!

Immer wieder behaupten Sachbearbeiter sie hätten Unterlagen oder Anträge nicht bekommen. Ob diese nur intern verloren gehen oder bewusst weggeschmissen werden, lassen wir hier mal offen. Mithilfe eines Faxbeleges können Sie jedoch unzweifelhaft beweisen, dass sie die Unterlagen gefaxt haben und der Jobcenter-Mitarbeiter guckt im Zweifel dumm aus der Wäsche, wenn er den Zugang bestreitet.

2. Du sollst Deine Anträge  schriftlich stellen!

Lassen Sie sich nicht mündlich abweisen. Immer wieder gibt es Sachbearbeiter die Anträge, angeblich weil sie die Position nicht zahlen müssen, gar nicht annehmen. Benutzt Ihr Sachbearbeiter diesen Trick, schmeißen Sie gleichwohl den Antrag in den Postkasten des Jobcenters, lassen Sie sich den Zugang bestätigen oder besser (siehe oben) faxen Sie!
Da Sie nichts zu verschenkenen haben, gilt: Lieber einen Antrag zu viel stellen, als einen zu wenig.

3. Du sollst das Jobcenter mit Post zuschütten!

Sie haben eine fast unendliche Zahl von Meldepflichten: Jeder Geldeingang, jedes Nebenkostenhaben, jede Urlaubsabwesenheit und und und. Sie wissen gar nicht, was sie alles melden müssen?!? Eine Nachlässigkeit hier führt jedoch schnell zu Strafen und Sanktionen.
Dann schütten Sie Ihren Sachbearbeiter einfach mit Informationen im Zusammenhang mit den oben genannten Meldepflichten zu, egal wie belanglos diese Ihnen auch zunächst erscheinen mögen, solange es Sie nicht selber belastet. Mithilfe von Fax und E-Mail ist Ihr Verwaltungsaufwand auch nicht so hoch.
Achtung: Widersprüche dürfen Sie weiterhin nicht per einfacher Mail einreichen, sondern nur schriftlich (so explizit LSG Niedersachsen-Bremen vom 04.11.2021, Az.: L 11 AS 632/20).

4. Vertraue nicht deinem Sachbearbeiter!

Auch wenn Ihr Sachbearbeiter gute Absichten hat – und das unterstellen wir jetzt einfach der Mehrzahl der Jobcenter-Mitarbeiter – dann werden Ihnen dennoch immer wieder, gerade in Eingliederungsvereinbarungen, belastende Regelungen untergejubelt. Daher unterschreiben Sie nichts ungeprüft und bitten immer zumindest um Bedenkzeit.
Lesen Sie hier zu Fehlern in Eingliederungsvereinbarungen: Fehler in Eingliederungsvereinbarungen finden und sich wehren

5. Kenne deine Rechte und sei kein Opfer!

Gegen falsche Bescheide, Sanktionen sowie Rückforderungen können Sie Widerspruch innerhalb einer Frist von einem Monat nach Kenntnis, d.h. Zugang, einlegen. Gegen ältere Bescheide ist oft noch der Überprüfungsantrag möglich.
Diverse Internetseiten und facebook-Gruppen liefern Infos für Hartz IV-Empfänger. Sollte Ihre Arbeitslosigkeit nicht nur eine vorübergehende sein, empfiehlt sich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung auch für den Bereich Sozialrecht ohne Selbstbeteiligung ab Widerspruchverfahren! Zahlreiche Anwälte, wie auch der hier schreibende Rechtsanwalt Christopher Richter, prüfen Ihre Hartz IV-Bescheide für Sie kostenfrei. Für mittellose Bürger gibt es zudem Beratungs- und Prozesskostenhilfe.
Lesen Sie hier zu den häufigsten Fehlern in Hartz IV-Bescheiden: Update: Die fünf häufigsten Fehler in Hartz IV-Bescheiden
Insbesondere bei den Kosten der Unterkunft gehen die Jobcenter häufig zu Unrecht von den niedrigeren internen Richtlinien aus, die aber zumeist unwirksam sind. Bestehen Sie daher auf die Höhe nach dem Wohngeldgesetz und preisen Sie einen zehnprozentigen Sicherheitszuschlag mit ein!

6. Gib den Druck an Dein Jobcenter zurück!

Das Jobcenter setzt Ihnen regelmäßig Fristen, Unterlagen einzureichen, sich bei einem potentiellen Arbeitgeber zu bewerben –  und und und. Wo steht geschrieben, dass Sie dem Jobcenter für Ihre Anliegen keine Frist setzen dürfen? Es gibt übrigens auch gesetzliche Fristen im Sozialrecht: 6 Monate Bearbeitungsfrist für Ihre Anträge und drei Monate für eine Entscheidung im Widerspruchsverfahren.

7. Nie um eine Ausrede verlegen sein!

Können Sie einen Termin beim Jobcenter oder ein Bewerbungsgespräch aus persönlichen, beruflichen oder gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen, dann teilen Sie das rechtzeitig vor dem Termin mit. Faxen Sie einfach die ärztliche Bestätigung mit ein paar Zeilen durch etc.
Lassen Sie sich von Arbeitgebern bestätigen, dass Sie sich ernstlich bemüht haben. Probleme, wie einen Stau, einen Zugausfall etc. dokumentieren Sie sauber. Jedes Handy hält eine Fotofunktion bereit und in der Cloud ist nahezu unendlicher Speicherplatz.
Lesen Sie hier zu Sanktionen und wie Sie sich wehren: Sanktionen durch das Jobcenter – und wie Sie sich wehren!

8. Kauf dir eine Terminkalender

Die Jobcenter setzen so viele Fristen und Termine, so dass Sie ohne Terminkalender zwangsläufig Termine vergessen werden. Trage Sie dort auch die Entscheidungsfristen für Ihre Anträge und Widersprüche ein. Gegen einen Widerspruchsbescheid haben Sie auch einen Monat Zeit vor dem Sozialgericht Klage zu erheben.
Gerade bei vorläufigen Bescheiden besteht die Gefahr, dass Sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Diese werden nämlich durch Zeitablauf nach einem Jahr automatisch zu endgültigen. Beantragen Sie daher sobald wie möglich die endgültige Festsetzung und legen Sie bei Fehlern Widerspruch ein. Der Erlass des endgültigen Bescheides erledigt dann das Widerspruchsverfahrens gegen den vorläufigen Bescheid. Vergessen Sie also auch nicht gegen den endgültigen Bescheid rechtzeitig Widerspruch einzulegen! …und verlieren Sie nicht den Überblick!

9. Kauf dir einen Aktenordner und einen Locher!

Änderungsbescheide auf  vorläufige Bescheide, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide etc. machen Ihren Fall schnell unübersichtlich. Ohne ein Ablagesystem mit Aktenordner herrscht schnell ein – auch mit anwaltlicher Hilfe – kaum überschaubares Chaos in Ihrem Papierberg. Darum vernachlässigen Sie von Anfang an die Verwaltung nicht.

10. Mach Dir deinen Sachbearbeiter zum Untertan!

Nach §§ 13, 14 SGB I müssen die Sachbearbeiter Sie umfassend beraten und Sachverhalte aufklären. Nutzen Sie jede Gelegenheit Ihren Sachbearbeiter daran zu erinnern und zwar schriftlich unter Fristsetzung. Nur so haben Sie bei Verstößen auf Seite des Jobcenters dann auch eine Chance einen ungeliebten Sachbearbeiter zu wechseln.
Bedienen Sie sich dabei elektronischen MItteln, wie Fax und E-Mail. Bleiben Sie in Ihrem Schreiben aber immer freundlich-verbindlich. Zeigen Sie sich in Anhörungsschreiben oder Vorschlägen für eine EGV grundsätzlich offen für die Vorschläge des Jobcenters, teilen Sie aber Ihre Gegenansicht mit.
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Landessozialgericht schränkt Ersatzpflicht von Hartz IV-Empfängern ein

Gericht schafft ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Unentschuldbarkeit

§ 34 SGB II gibt den Jobcentern keinen Freibrief bei Pflichtverletzungen von Arbeitslosen alle Sozialleistungen zurückzufordern. Das hat das Landessozialgericht NRW kürzlich festgestellt (LSG NRW vom 11.10.2018,, Az.: L 7 AS 1331/17).

Mehr als einfaches Eigenverschulden

Ähnlich wie beim AsylblG muss ein Verhalten zugrundeliegen, das unentschuldbar ist. Dieses ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal sei zu fordern, um das differenzierte und verhältnismäßige Sanktionssystem der §§ 31 ff. SGB II nicht zu unterlaufen. Ein einfaches Eigenverschulden des Hartz IV-Empfängers reiche nicht aus. So schließe auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Kündigung durch den Arbeitgeber die Anwendung von § 34 SGB II aus (LSG Schleswig-Holstein vom 24.02.2022, Az. L 6 AS 89/19).

 

Erstattungsbescheid muss bestimmt sein

Erst wenn diese Hürde übersprungen ist, kann ein Erstattungsbescheid ergehen, der bestimmt sein muss und erkennen lässt, für welche Monate und in welcher Höhe Leistungen zurückgefordert werden. Die Vorgaben – ähnlich wie bei §§ 45, 48, 50 SGB X – gelten also auch hier bei Erstattungsbescheiden nach § 34 I SGB II.  Ein einfacher Grundlagenbescheid, der nur die Zahlungspflicht des Hartz IV-Empfängers festlegt, darf hingegen nicht ergehen.

Ausbildung war zu verschult

So gewann im zugrundeliegende Fall der Auszubildende seinen Fall, der zusätzlich zu einer 30%-Sanktion, weil er wegen Fehlzeiten gekündigt wurde, die restlichen Sozialleistungen nach § 34 SGB II zurückzahlen sollte. Die Richter ließen seine Erklärung, dass ihm die überwiegend verschulte Ausbildung nicht zugesagt hatte, ausreichen, um kein unentschuldbares Verhalten anzunehmen.

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Sozialleistungen für Ausländer

Sozialhilfe für illegal eingereiste Ausländer?

Dem Anspruch auf Hartz IV von eingereisten Ausländern ohne Aufenthaltstitel steht in der Regel zunächst der Leistungsausschluss  nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II in entgegen. Für die ersten drei Monate des Aufenthalts in Deutschland gibt es also kein Hartz IV.

Sozialhilfe gegebenenfalls nach Ermessen

Von den Leistungen nach dem SGB XII sind sie aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. In Betracht kommen nämlich Ermessensleistungen nach § 23 Abs 1 Satz 3 SGB XII durch das Sozialamt, wenn Hilfebedürftigkeit des Ausländers besteht und wenn ein geduldeter und deshalb verfestigter Aufenthalts in Deutschland nach Ablauf von sechs Monaten seit der Einreise vorliegt.  Zudem kommt bereits im Einzelfall früher Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommt (so Bundessozialgericht, Az.: B 14 AS 32/17 R).

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Familiengeldstreit aus Sicht der Hartz IV-Empfänger

Widerspruch gegen Anrechnung des Familiengeldes

Der Streit um das Familiengeld zwischen dem Bundesland Bayern und dem Bund eskaliert. Während das Bundessozialministerium dem Freistaat nun die Auszahlung jeweils 250 €/Kind verweigern möchte, bleiben die Betroffenen noch mit vielen offenen Fragen zurück. Lesen Sie hier zu unseren Rechtstipp:

Widerspruch einlegen

Hartz IV-Bescheide, in denen die Anrechnung des Familiengeldes – das ab September das bisherige Betreuungsgeld ersetzt – bereits vorgenommen wird, sollten Betroffene mit dem Widerspruch angreifen, obwohl diese Bescheide wohl voraussichtlich rechtmäßig sind. Dies ist gleichwohl sinnvoll, da eine Änderung des Bundesgesetzes demnächst erfolgen könnte und der Eintritt der Bestandskraft Ihres Verwaltungsaktes verhindert werden sollte. Zudem haben Sozialgerichte dazu noch nicht entschieden.

Tipp vom Anwalt: Bei vorläufigen Bescheiden  beantragen Sie zeitnah den Erlass eines endgültigen VAs Und legen Widerspruch ein!

Erfolg später ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wegen dem ausgezahlten Familiengeld sollten Sie gegen diesen auf jeden Fall auch mit dem Widerspruch vorgehen, weil die SGB II- Regelleistung von Ihnen vor den Hintergrund der Aussagen der bayerischen Sozialministerin wohl gutgläubig verbraucht wurde. Wenn schon die Sozialministerin Schreyer sich auf den Standpunkt stellt, dass das bayerische Familiengeld nicht anrechenbar ist, wird man von einem Hartz IV-Empfänger wohl nicht  erwarten können, dass er die Worte der CSU- Ministerin als Wahlkampfgeplauder durchschaut.

 

Ein neues Rechtsgutachten der bayerischen Staatsregierung besagt übrigens, dass eine Anrechnung rechtswidrig ist. Es verwundert nicht, weil wie kann es sein, dass in einem Gebiet von Bayern eine Anrechnung erfolgt, nur weil es keine Optionskommune ist, im anderen schon. Die Zeiten des Landrechts sind doch eigentlich schon überwunden! Hartz IV-Empfänger dürfen nicht allein wegen ihrer aktuellen geographischen Herkunft benachteiligt werden. Gesetze müssen einheitlich angewendet werden und es hat das Meistbegünstigungsprinzip zu gelten!

Gute Erfolgsaussichten für Klagen und Widersprüche

Das Sozialgericht Würzburg hat kürzlich für die Klage einer Hartz IV-Empfängerin gegen die Anrechnung des Familiengeldes Prozesskostenhilfe bewilligt, was bedeutet, dass es gute Erfolgsaussichten der Klage sieht. Einige Jobcenter bitten bereits die Hartz IV-Empfänger einem Ruhen der Widerspruchsverfahren zuzustimmen bis eine Entscheidung des BSG vorliegt, was bedeutet, dass sie sich mittlerweile selber sehr unsicher sind über die Rechtmäßigkeit der Anrechnung.